Willkommen bei Trump 2.0

Alle vier Jahre, unmittelbar nach den US-Präsidentschaftswahlen, veröffentlicht der US-amerikanische National Intelligence Council (NIC), der in den USA als Bindeglied zwischen den Geheimdiensten und den politischen Entscheidungsträgern fungiert, seinen Bericht "Global Trends". Der Bericht wagt eine Prognose, die der neuen Regierung helfen soll, sich vorzustellen, wie die Welt in zwei Jahrzehnten aussehen könnte. Ziel des Berichts ist es nicht, eindeutige Vorhersagen zu treffen, sondern vielmehr die wichtigsten strukturellen Triebkräfte zu identifizieren, welche die Zukunft prägen werden.

Der designierte US-Präsident Donald Trump wird die neue Ausgabe des Berichts vor seinem Amtsantritt am 20. Januar erhalten. Dieser wird sich mit der Welt im Jahr 2045 befassen. Im Jahr 2008, als Barack Obama Präsident wurde, veröffentlichte der NIC den Bericht Global Trends 2025: Eine veränderte Welt. Nun, da sich das Jahr 2024 seinem Ende zuneigt, scheint es lohnenswert, sich in Erinnerung zu rufen, was der NIC vor zwei Jahrzehnten vorausgesagt hat, um einen Einblick zu erhalten, was 2025 auf uns zukommen könnte.

Die wichtigste Prognose lautete: "Das internationale System, wie es sich nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebildet hat, wird 2025 kaum wiederzuerkennen sein". Erwartet wurde, dass die unipolare Ordnung unter Führung der USA durch eine multipolare Welt ersetzt werden würde - chaotisch, instabil und geprägt von Konflikten. In vielerlei Hinsicht behielt der NIC Recht. Die „Pax Americana“ bröckelt. Neue Machtzentren entstehen, militärische Konflikte nehmen zu und die Welt teilt sich entlang geopolitischer Linien. Ein zweiter Kalter Krieg scheint sich abzuzeichnen.

Trumps erste Amtszeit wirkte wie ein Katalysator für einige der strukturellen Trends, die der NIC fast ein Jahrzehnt zuvor identifiziert hatte. Er wandte sich von der globalen liberalen Weltordnung ab und machte sich Isolationismus und Protektionismus zu eigen. Letztlich war Trump 1.0 eine Präsidentschaft des Bruchs und der Diskontinuität. Zweifellos wird Trump 2.0 das Jahr 2025 prägen. Doch diesmal ist zu erwarten, dass Trump ein Präsident der Kontinuität sein wird. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir leben bereits in einer Trumpschen Welt, die durch grassierenden Protektionismus, eine weitreichende Industriepolitik und zunehmende geopolitische Spannungen geprägt ist.

In seiner zweiten Amtszeit dürfte Trump diese Entwicklungen durch Unilateralismus beschleunigen. Im Vergleich zu seiner ersten Amtszeit könnte er jedoch auch ein Präsident der Zurückhaltung sein – so zumindest unsere Hoffnung. Die Welt von heute erscheint deutlich herausfordernder als jene im Jahr 2016. Mit zwei großen Konflikten, einem in der Ukraine und einem in Nahost, und zunehmend angespannten Beziehungen zwischen der westlichen Welt und China, gibt es weniger Spielraum für Fehlkalkulationen.

Trump 2.0 wird vermutlich eine weniger “inflationstreibende” Präsidentschaft sein, als viele befürchten. Trump hat das Jahr 2026 (Zwischenwahlen zum Kongress) fest im Blick, nicht 2028 (Präsidentschaftswahlen). 

Wenn er eine Politik verfolgt, welche die Inflation wieder aufflammen lässt, dürfte er 2026 den Preis dafür zahlen, indem er dann den Kongress verliert. Nachdem er in den ersten Monaten seiner Präsidentschaft einige symbolische Entscheidungen in Bezug auf gezielte Zölle, Einwanderung und Steuern getroffen haben dürfte, um seine Wahlversprechen einzulösen, wird er vermutlich versuchen, die Aufmerksamkeit von seinen wirtschaftlichen Versprechen auf Fragen der nationalen Identität zu lenken.

Angesichts der großen Unsicherheit und der Risiken, die mit Trumps Wirtschaftsagenda verbunden sind, wird die US-Notenbank Fed wahrscheinlich vorsichtiger agieren, als sie es im Falle eines Sieges von Kamala Harris getan hätte. Sie dürfte die erste Hälfte des nächsten Jahres nutzen, um die Zinsen in Richtung 4% zu senken, wenn die Auswirkungen von Trumps Politik auf die Wirtschaft noch nicht sichtbar sind. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) weiterhin versuchen werden, die Zinsen in den neutralen Bereich zu bewegen, könnte eine größere Zurückhaltung der Fed in Bezug auf künftige Zinssenkungen auch sie zögerlicher werden lassen.

Wie die Zentralbanken wird sich auch der Rest der Welt auf die Veränderungen und Umbrüche einstellen müssen, die die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus mit sich bringt. Die Europäische Union (EU) wird 2025 vor einer wichtigen Entscheidung stehen: Entweder sie wird zu einer echten geopolitischen Supermacht mit einer nachvollziehbaren Industrie- und Verteidigungsstrategie – oder sie lässt sich weiterhin in einer Welt treiben, die von rivalisierenden Blöcken und einem sinkenden Engagement der USA geprägt ist. Im Jahr 2008 hielt der NIC das letztere Szenario für wahrscheinlicher. In ähnlicher Weise wird China entscheiden müssen, ob es die Umstellung seines Wachstumsmodells von Exporten und Investitionen auf den privaten Konsum weiter forciert. Mit Donald Trump im Weißen Haus wird die Welt noch weniger bereit sein, Chinas Überkapazitäten, insbesondere bei Elektrofahrzeugen, Solarmodulen und Batterien, aufzunehmen, was zu einer Verschärfung der derzeitigen Handelsspannungen führen dürfte. 

Im NIC-Bericht 2008 wurde Künstliche Intelligenz (KI) kaum erwähnt. Damals war die KI noch eine im Entstehen begriffene Technologie. Im Jahr 2025 dürfte KI weiterhin die Richtung der Aktienmärkte wesentlich bestimmen, was aufgrund der hohen Konzentration von Technologiewerten möglicherweise zu erhöhter Volatilität im Markt führen könnte. Angesichts der zentralen Bedeutung von Chips für die Entwicklung von KI könnte Trumps unklare Haltung in Bezug auf die Verteidigung von Taiwans Status, wo bedeutende Halbleiterzulieferer für die USA ansässig sind, eine weitere Quelle der Volatilität für Technologie-Aktien sein.

Nicht erwähnt im Bericht von 2008 wurde die Schieferöl-Revolution in den USA, die den Ölmarkt rund fünf Jahre später wesentlich verändern sollte. Stattdessen ging der NIC davon aus, dass die Welt bis 2025 in eine Wirtschaft nach dem Öl eintreten würde, da das Angebot nicht mit der Nachfrage Schritt halten würde. Tatsächlich hat der Ölmarkt trotz steigender Nachfrage mit einem Überangebot zu kämpfen, das sich durch Trumps Unterstützung für die US-Ölindustrie noch verschärfen könnte. Die globale Transformation hin zur Elektrifizierung sollte jedoch dazu führen, dass die Weltwirtschaft perspektivisch weniger ölintensiv und relativ “metallintensiver” wird. Sollten sich die Handelsspannungen zwischen den USA und China (das ein großes Angebot an bedeutenden Metallen kontrolliert) verschärfen, könnte es im Jahr 2025 zu einer neuen Art von Energieschock kommen, der durch steigende Preise für Industriemetalle und nicht für Erdöl ausgelöst wird.

Was der NIC 2008 nicht voraussah, war die starke Polarisierung in der US-Politik, die auch über das Jahr 2025 hinaus anhalten dürfte. 

Edoardo Campanella, Chief Editor The Compass 2025

Glossar

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Stand: 02.12.2024

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