UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai:
Österreichs Industrie in Rekordwachstumsphase wird durch Preisausschläge aufgrund von Lieferengpässen belastet
- Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex erreicht im Mai mit 66,4 Punkten erneut ein Allzeithoch
- Das rasch steigende Neugeschäft führt zur stärksten Produktionsausweitung seit Erhebungsbeginn 1998
- Kostenexplosion bei vielen Vormaterialien aufgrund der weiteren Verschärfung der Lieferengpässe
- Kapazitätserhöhung schafft neue Jobs: Stärkster Beschäftigungsaufbau seit drei Jahren
- Kräftiges Wachstum erwartet, Österreichs Industrie wird bereits heuer das Niveau von 2019 erreichen
- Der Erwartungsindex für die Produktion in den kommenden zwölf Monaten sinkt zwar im Mai, der hohe Wert von 67 Punkten verspricht dennoch eine dynamische Industrieentwicklung
Der Aufschwung in der österreichischen Industrie setzt sich mit noch höherem Tempo als in den Vormonaten fort. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Mai auf 66,4 Punkte gestiegen. Damit erreichte der Indikator den zweiten Monat in Folge einen neuen Rekordwert seit der erstmaligen Erhebung vor über 20 Jahren“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Die aktuelle Umfrage macht deutlich, dass die österreichische Industrie mittlerweile auf einen sehr dynamischen Wachstumspfad eingeschwenkt ist, nachdem die Erholung Mitte vorigen Jahres noch etwas verhalten begonnen hat. Der Produktionseinbruch von durchschnittlich bis zu 25 Prozent während des ersten Lockdowns wurde schon aufgeholt. Nun werden die Kapazitäten bereits wieder erweitert.“
Im Lichte des stark von Nachfrageimpulsen aus dem asiatischen Raum und den USA geprägten Aufschwungs, der in ganz Europa die Erholung der Industrie beflügelt, beginnen sich jedoch immer stärker auch Schattenseiten zu zeigen. „Aufgrund der stärksten Auftragszuwächse der Erhebungsgeschichte wuchs die heimische Industrie im Mai mit Höchsttempo und das ermöglichte den stärksten Jobaufbau seit drei Jahren. Die Bedingungen auf der Angebotsseite verschlechterten sich jedoch. Materialknappheit und Transportprobleme führten zu Rekordlieferzeiten und trieben die Kosten ebenfalls auf ein Umfragehoch“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Umfrage zusammen.
Rekordauftragswachstum aus dem In- und Ausland
Im Mai haben alle Komponenten positiv zum historisch stärksten Anstieg des Gesamtindex beigetragen. Mit mehr als einem Drittel ging der höchste Beitrag dabei von der starken Produktionsausweitung aus. Insbesondere die Konsumgüterindustrie sorgte ab der zweiten Monatshälfte aufgrund der Öffnung der österreichischen Wirtschaft aus dem Lockdown für die entscheidenden Impulse. „Die heimischen Betriebe haben im Mai ihre Produktion so stark erhöht wie noch nie seit Beginn der Erhebung des österreichischen Einkaufsmanagerindex 1998. Der Produktionsindex kletterte auf 64,8 Punkte gestützt vom starken Zuwachs im Neugeschäft, das sowohl aus dem In- als auch dem Ausland mit Rekordtempo zulegte“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Das Neugeschäft profitierte neben der Öffnung der heimischen Wirtschaft von der Belebung der Investitionstätigkeit und der starken Nachfrage aus dem Bausektor.
Transportprobleme und Materialengpässe verlängern Lieferzeiten
Trotz der kräftigen Produktionsausweitung haben sich die Auftragsrückstände der heimischen Betriebe im Mai weiter deutlich erhöht und stiegen den zweiten Monat in Folge mit Rekordtempo. Fast die Hälfte der heimischen Betriebe meldeten im Mai einen Anstieg der unerledigten Aufträge. Die Investitionsgüterindustrie war davon überdurchschnittlich stark betroffen.
„Lieferverzögerungen in der Beschaffung bedingt durch Engpässe bei Vormaterialien, Komponenten und Rohstoffen sowie Logistikprobleme durch fehlende Frachtkapazitäten verhinderten die Anpassung der Produktionskapazitäten an die dynamische Nachfrage und führten zu einer weiteren drastischen Verlängerung der Auslieferzeiten“, so Pudschedl. Der Anteil der Betriebe, die mit Lieferverzögerungen konfrontiert waren, erhöhte sich auf 80 Prozent. Insbesondere deckte das Marktangebot an Aluminium, elektronischen Komponenten, Kunststoffen, Holz und Stahl nicht die Nachfrage der heimischen Betriebe.
Leichter Anstieg an Vormaterialien, aber deutlicher Rückgang der Verkaufslager
Angesichts erwarteter Lieferverzögerungen haben die Betriebe frühzeitig große Bestellungen aufgegeben, um einen entsprechenden Sicherheitspolster an benötigen Vormaterialien aufzubauen. Der Index für die Einkaufsmenge stieg auf einen neuen Rekordwert von 69,8 Punkten. „Aus Sorge um Lieferengpässe und zukünftige Preisanstiege haben sich die österreichischen Betriebe im Mai bemüht, einen Sicherheitspolster an Vormaterialien auf Lager zu legen. Dem leichten Anstieg der Bestände stand ein stark beschleunigter Rückgang in den Auslieferlagern aufgrund der stark steigenden Nachfrage gegenüber“, meint Pudschedl. Seit fast einem Jahr gehen die Bestände in den Verkaufslagern bereits zurück und mittlerweile mit dem höchsten Tempo seit über 10 Jahren, teilweise auch verursacht durch knappe Rohstoffe, die zu Produktionseinschränkungen führten.
Überwälzung des Kostenanstiegs auf die Abgabepreise nimmt zu
Die Verknappung von Vormaterialien, lange Lieferzeiten und steigende Transportkosten haben zu einem Rekordanstieg der durchschnittlichen Einkaufspreise der heimischen Betriebe im Mai geführt. Auch die Verkaufspreise legten in der Folge mit Rekordtempo zu, denn die Anzahl der Hersteller, die die höheren Kosten der Produktion an ihre Kunden weitergegeben haben, hat zugenommen. „Der Anteil der Industrieunternehmen, die ihre Abgabepreise im Mai erhöht haben, war mit 42 Prozent nur halb so hoch wie der Anteil der Unternehmen, die mit höheren Einstandskosten konfrontiert waren. Die Auswirkung für die Verbraucherpreise in Österreich ist somit weiterhin gering, jedoch tendenziell etwas zunehmend. Allerdings ist mit der zu erwartenden Beseitigung der Kapazitätsengpässe und der Transportprobleme im weiteren Jahresverlauf nur von einer vorübergehenden Belastung für die Verbraucherpreise auszugehen“, so Pudschedl.
Wachstumstempo bleibt hoch
Die Aussichten für die aktuell stark wachsende österreichische Industrie sind auch für die kommenden Monate sehr vielversprechend. Die Auftragsbücher füllen sich weiter und die heimischen Betriebe erhöhen ihre Kapazitäten, gestützt auf das gute internationale Umfeld. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie im Euroraum hat sich bei hohen 62,8 Punkten stabilisiert. Voll Zuversicht kletterte folglich der Beschäftigtenindex in der aktuellen Umfrage auf 60 Punkte. Damit erhöhte sich die Anzahl der Beschäftigten mit der stärksten Rate seit drei Jahren. Das Indexverhältnis aus Neuaufträgen und den Verkaufslagerbeständen erreichte im Mai einen neuen Höchststand und verspricht damit für die unmittelbar bevorstehenden Monate ein Anhalten der starken Produktionsausweitung, da mit den vorhandenen Lagerbeständen die eingegangenen Aufträge nicht erfüllt werden können.
Der erneute Rückgang des Einkaufsmanagerindex für die deutsche Industrie im Mai auf nunmehr 64 Punkte kann für die stark verbundene österreichische Wirtschaft als erstes Anzeichen für eine bevorstehende Verlangsamung der Industriekonjunktur gewertet werden. Die besonders hohe Wachstumsdynamik der vergangenen Monate in der österreichischen Industrie wird sich vorerst noch fortsetzen. Der starke Aufholprozess wird jedoch in wenigen Monaten in eine dynamische, aber ruhigere Wachstumsphase übergleiten.
„Während die kurzfristigen Indikatoren wie die Auftragsentwicklung vorerst noch ein besonders hohes Wachstumstempo erwarten lassen, ist der Erwartungsindex für die Produktion in den kommenden zwölf Monaten bereits den zweiten Monat in Folge gesunken. Der hohe Wert von 67 Punkten verspricht dennoch eine dynamische Industrieentwicklung, die im Gesamtjahr ein über unseren bisherigen Erwartungen liegendes Produktionsplus von etwa 8 Prozent erwarten lässt. Damit dürfte der Rückgang der Produktion in der verarbeitenden Industrie um 7,4 Prozent von 2020 aufgeholt werden können“, meint Bruckbauer abschließend.
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