UniCredit Bank Austria Analyse:
Der „Corona“-Warenkorb und sein Einfluss auf die Inflationsentwicklung
- Toilettenpapier, Nudeln, Germ & Co – die Auswirkungen des „Pandemie“-Konsums auf die Inflation
- Mit dem ersten Lockdown im März 2020 veränderte sich das Konsumverhalten der Menschen schlagartig
- Einkäufe von beispielsweise Nahrungsmittel und Toilettenpapier stiegen stark an, während Restaurantbesuche und Übernachtungen in Hotels aufgrund von Schließungen nicht mehr möglich waren
- Der für die offizielle Inflationsberechnung verwendete Warenkorb weicht daher seit dem ersten Lockdown stark vom tatsächlichen Konsumverhalten ab
- 2020 lag die Inflationsrate basierend auf dem „Corona“-Warenkorb mit 1,6 Prozent um 0,2 Prozentpunkte über der offiziellen Rate der Statistik Austria von 1,4 Prozent
- Von Jänner bis April 2021 war die „Corona“-Inflation jedoch immer niedriger als die offizielle Teuerung. Mit den Öffnungen vor allem der Restaurants und Hotels sollte sich dies im zweiten Halbjahr wieder umdrehen
Jeder hat noch die Bilder mit den Einkaufswägen voll mit Toilettenpapier, Nudeln und Konservendosen im März des Vorjahres in Erinnerung. Das Gegenteil war bei den Ausgaben für beispielsweise Restaurantbesuche oder einen neuen Haarschnitt der Fall, die aufgrund von Schließungen nicht mehr möglich waren. Die monatlich von der Statistik Austria veröffentlichte Inflation ist auf Basis eines Gewichtungsschemas („Warenkorb“) konzipiert, das unterjährig nicht verändert wird. In einer Analyse der UniCredit Bank Austria wird der aufgrund der Pandemie veränderte Warenkorb der Konsumenten monatlich angepasst und die Auswirkungen auf die Inflation beleuchtet.
„Die Berechnung der offiziellen Inflationsrate basiert auf einem Warenkorb, der mit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 von heute auf morgen teilweise obsolet wurde“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Robert Schwarz.
Starker Anstieg bei den Ausgaben für Nahrungsmittel und Möbel
Das veränderte Konsumverhalten der Menschen seit Beginn der Pandemie wurde in der Bankanalyse mit Hilfe von wöchentlichen Kartenzahlungen, Einzelhandelsdaten und der Konsumentenerhebung 2019/20 der Statistik Austria geschätzt. Alle drei Quellen zeigen ein ähnliches Bild: Die Ausgaben für Nahrungsmittel und wohnungsbezogene Ausgaben wie z.B. Einrichtung stiegen während der Lockdowns an, während die Ausgaben für Restaurants, Verkehr und Bekleidung stark zurückgingen. Beispielsweise stiegen im April 2020 die Ausgaben für Nahrungsmittel um über 60 Prozent im Vergleich zum April 2019 und die Einkäufe von Bekleidung und Schuhe gingen in der gleichen Vergleichsperiode um über 70 Prozent zurück.
2020 lag die tatsächliche Teuerung über der offiziell ausgewiesenen Inflationsrate
2020 betrug die durchschnittliche Inflationsrate in Österreich veröffentlicht von der Statistik Austria 1,4 Prozent. Im Vergleich dazu lag die „Corona“-Inflationsrate basierend auf dem Warenkorb, der das pandemiebedingte Konsumverhalten widerspiegelt, mit 1,6 Prozent um 0,2 Prozentpunkte höher. „In den Monaten März und April 2020 mit dem harten Lockdown war die offizielle Inflation um 0,1 Prozentpunkte höher als die „Corona“-Inflation“, sagt Schwarz und ergänzt: „Mit Beginn der ersten Lockerungen im Mai 2020 bis zum zweiten Lockdown im November 2020 lag allerdings die Teuerung basierend auf dem monatlich aktualisierten ‚Corona‘-Warenkorb mit bis zu 0,3 Prozentpunkten durchwegs höher.“ Das lag vor allem daran, dass nach dem Ende des ersten Lockdowns die stärkere Gewichtung des Bereichs Restaurants/Hotels aufgrund der Öffnungen zu einem starken Preisauftrieb führte.
Ein ähnliches Bild zeigt sich mit Beginn des zweiten Lockdowns im November 2020 bis April 2021. In diesem Zeitraum war wie schon im ersten Lockdown die „Corona“-Inflation niedriger als die offizielle Teuerung. „Es ist allerdings davon auszugehen, dass wie im Vorjahr mit den Öffnungen der Restaurants und Hotels die monatlichen Inflationsraten in der zweiten Jahreshälfte 2021 basierend auf dem tatsächlichen Konsumverhalten über den offiziellen Werten der Statistik Austria liegen wird“, sagt Schwarz abschließend.
Quellen: Statistik Austria, UniCredit Research
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