UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator:
Blitzstart der Erholung in Österreich
- Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator erreichte im Juni mit einem Anstieg auf 5,9 Punkte erneut ein Allzeithoch
- Nach der kräftigen Gegenbewegung durch die Öffnung des Handels und des Gastgewerbes über den Sommer wird sich das Erholungstempo im weiteren Jahresverlauf verlangsamen
- Eine nachhaltige Erholung der österreichischen Wirtschaft ist wahrscheinlich, trotz erneuter Beeinträchtigungen durch höhere Infektionszahlen nach dem Sommer: Für 2021 ist ein BIP-Anstieg von 3,2 Prozent und für 2022 sogar von 5,5 Prozent zu erwarten
- Die Arbeitslosenquote wird bereits Ende 2022 wieder auf Vorkrisenniveau erwartet, die Fortschritte am Arbeitsmarkt verlangsamen sich jedoch
- Leichte Anhebung der Inflationsprognose für 2021 und 2022 auf durchschnittlich 2,4 Prozent bzw. 2,1 Prozent: Vor allem der Ölpreis treibt die Teuerung vorübergehend stärker an
Die Konjunkturstimmung in Österreich verbessert sich weiter. „Die wirtschaftliche Lage und die unmittelbaren Aussichten wurden von der österreichischen Wirtschaft noch nie so positiv beurteilt wie zur Jahresmitte 2021“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der hohe Optimismus schlägt sich im Anstieg des aktuellen UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators auf einen neuen Rekordwert von 5,9 Punkten nieder.“
Die laufende starke Verbesserung des Indikators unterstreicht, dass sich im Verlauf des Frühjahrs die wirtschaftliche Dynamik in Österreich kontinuierlich erhöht hat. „Der zweite pandemiebedingte wirtschaftliche Einbruch während des Winters dürfte im zweiten Quartal dieses Jahres mit einer starken Gegenbewegung sogar bereits kompensiert worden sein. Nach dem Sommer wird sich der Aufholprozess der österreichischen Wirtschaft in einem Umfeld, das erneut von höheren Infektionszahlen gekennzeichnet sein dürfte, jedoch verlangsamen. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Erholung als nachhaltig erweisen wird. Die österreichische Wirtschaftsleistung dürfte bereits Ende 2021 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Aktuell liegen wir noch rund 3,5 Prozentpunkte unter dem Vorkrisenniveau“, meint Bruckbauer. Angesichts der starken Gegenbewegung im Frühjahr wird die österreichische Wirtschaft damit voraussichtlich bereits etwas früher, als bisher von den Ökonomen der UniCredit Bank Austria angenommen, wieder zum Leistungsniveau von vor Ausbruch der Pandemie aufschließen.
Weitere Verbesserung der Konjunkturstimmung in allen Wirtschaftssektoren
Alle Sektoren der österreichischen Wirtschaft sind aktuell von einer Hochstimmung erfasst. Die Industrie hat den Produktionseinbruch während der Pandemie sogar bereits kompensiert und die Geschäftserwartungen haben sich zur Jahresmitte erneut erhöht. Während die Unterstützung durch das internationale Umfeld etwas nachzulassen beginnt, sorgt die deutlich verbesserte Auftragsentwicklung aus dem Inland für noch mehr Optimismus. Auch die Erholung am Bau setzt sich angesichts voller Auftragsbücher beschleunigt fort. Der Dienstleistungssektor hat nach der Wiedereröffnung aller Sparten ab Mitte Mai einen dynamischen Neustart geschafft, der aktuell die Stimmung sogar auf ein Drei-Jahres-Hoch verbessert hat. Zudem stärkt die Verbesserung der Verbraucherstimmung infolge der anhaltenden Entspannung am Arbeitsmarkt die weiteren Aussichten für die Dienstleistungen in den kommenden Monaten.
Anstieg der Inlandsnachfrage folgt der Erholung im Außenhandel
Der starke Konjunkturaufschwung ab dem Frühjahr wurde durch hohe Zuwächse im Export eingeleitet, der von der Erholung des globalen Handels profitierte. In der Folge setzte eine Beschleunigung der Investitionstätigkeit ein, die anfangs nur von den Investitionsgütersparten getragen wurde. Seit der generellen Öffnung der Wirtschaft inklusive der Dienstleistungsbereiche hat die Investitionstätigkeit an Breite gewonnen, und der Konsum unterstützt den Neustart der österreichischen Wirtschaft immer stärker. Neben Nachholeffekten wird der Konsum in den kommenden Monaten zunehmend zur tragenden Säule der Erholung, da der Abbau der Ersparnisse, die sich während der Pandemie aufgrund mangelnder Konsummöglichkeiten angehäuft haben, dauerhaft für mehr Nachfrage sorgen dürfte. „Nach der Gegenbewegung im Frühjahr wird sich die Erholung der österreichischen Wirtschaft mit hoher Dynamik fortsetzen. Ab Herbst besteht das Risiko, dass steigende Infektionszahlen zu einer temporären Verlangsamung des Aufschwungs führen. Wir gehen jedoch nicht von einer Unterbrechung der Erholung durch eine weitere Infektionswelle aus, sodass ein Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent für 2021 erreichbar ist. Für 2022 ist dank des hohen statistischen Überhangs sogar ein Plus von 5,5 Prozent in Reichweite“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Viele offene Stellen trotz starkem Anstieg des Arbeitskräfteangebots
Der Aufschwung der heimischen Wirtschaft schlägt sich positiv auf die Entwicklung am heimischen Arbeitsmarkt nieder. „Seit Jahresbeginn steigt in Österreich kontinuierlich die Beschäftigung, die zur Jahresmitte 2021 mit über 3,8 Millionen nur noch knapp unter dem absoluten Rekordstand vor Ausbruch der Pandemie liegt. Dennoch suchen um rund 50.000 Personen mehr als vor der Pandemie in Österreich noch eine Arbeitsstelle. Die Arbeitslosenquote liegt saisonbereinigt daher auch mit 8,1 Prozent zur Jahresmitte 2021 um noch rund einen Prozentpunkt über dem Ausgangswert vor der Pandemie“, meint Pudschedl.
Die aktuell noch höhere Arbeitslosenquote weist auf zunehmende strukturelle Probleme am österreichischen Arbeitsmarkt hin. Für viele Branchen stehen passend qualifizierte und örtlich greifbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offenbar nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung, obwohl seit dem Beginn der Pandemie das Arbeitskräfteangebot in Österreich um mehr als 60.000 Personen bzw. 1,5 Prozent zugenommen hat. Dieses höhere Arbeitskräfteangebot kann ohne verstärkte Qualifikationsmaßnahmen nicht am österreichischen Arbeitsmarkt untergebracht werden, worauf die Rekordzahl an offenen Stellen hinweist. „Die Anzahl der offenen Stellen ist in Österreich zur Jahresmitte mit über 100.000 auf einem Höchststand. Mit durchschnittlich 2,7 offenen Stellen pro Arbeitssuchenden ist die Stellenandrangziffer daher auch deutlich niedriger als vor der Pandemie, wobei sich hier ein starkes Ost-West-Gefälle zeigt – mit dem höchsten Wert von 7,8 in Wien und dem niedrigsten Wert in Oberösterreich mit nur 1,1“, so Pudschedl.
Angesichts des anhaltenden Erholungstempos wird sich die Arbeitslosenquote in Österreich von durchschnittlich 9,1 Prozent im ersten Halbjahr 2021 noch auf voraussichtlich 8,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 verringern. Für 2022 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote auf durchschnittlich 7,8 Prozent. Gegen Jahresende 2022 wird die Arbeitslosenquote wieder auf Vorkrisenniveau gefallen sein.
Inflation bis Jahresende bei rund 3 Prozent im Jahresvergleich
Die wirtschaftliche Erholung hat in den vergangenen Monaten in Österreich zu einer höheren Teuerung geführt. Nach einem moderaten Jahresbeginn hat die Inflation bis zur Mitte 2021 auf beinahe 3 Prozent im Jahresvergleich beschleunigt. Bestimmend für den Anstieg war vor allem die deutliche Verteuerung von Erdöl, sodass die Preisgruppe Energie für rund zwei Drittel des Inflationsanstiegs im ersten Halbjahr verantwortlich war. Aufgrund der niedrigen Ölpreise während der Pandemie wird auch in der zweiten Jahreshälfte 2021 die Inflation durch die aktuell höheren Energiepreise angeheizt. Daneben werden auch höhere Nahrungsmittelpreise sowie höhere Dienstleistungspreise die Inflation in den kommenden Monaten in Österreich antreiben.
Der Höhepunkt der Inflationsentwicklung mit Werten knapp über der 3-Prozent-Marke ist für den Spätherbst zu erwarten, wenn auch das Ölpreisdifferenzial zum Vorjahr am höchsten sein wird. Rund um den Jahreswechsel 2021/22 sollte die Inflation in Österreich – unterstützt durch das Auslaufen von preistreibenden Lieferengpässen –wieder abklingen. Der Inflationsanstieg ist also als temporär einzustufen, da im Wesentlichen kein Anspringen einer Lohn-Preis-Spiral zu erwarten ist. „Wir haben aufgrund der aktuell höher als von uns erwarteten Ölpreise unsere Inflationsprognose für den Jahresdurchschnitt 2021 geringfügig auf 2,4 Prozent erhöht und rechnen für 2022 im Einklang mit leicht rückläufigen Ölpreisen mit einem Rückgang der Teuerung in Österreich auf durchschnittlich 2,1 Prozent“, so Bruckbauer abschließend.
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