16.08.2021

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator:
Konjunkturaufschwung in Österreich auf dem Höhepunkt

  • Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stellte im Juli das Rekordergebnis von 6,0 Punkten des Vormonats ein 
  • Nachhaltige Erholung mit einem BIP-Anstieg von 3,2 Prozent für 2021 und sogar 5,5 Prozent 2022 erwartet 
  • Auslaufende Nachholeffekte und erneute Beeinträchtigungen durch höhere Infektionszahlen werden das Erholungstempo nach dem Sommer allerdings verlangsamen 
  • Die Verschiebung der Wachstumsträger deutet an, dass heuer der Zenit der Wachstumsdynamik bereits erreicht ist: Bau und Industrie verlieren an Tempo, Dienstleistungssektor profitiert noch von Nachholeffekten 
  • Schnelle Erholung am Arbeitsmarkt: Arbeitslosenquote sinkt im Jahresdurchschnitt 2021 auf 8,3 Prozent. Im Jahresverlauf 2022 wird bereits das Vorkrisenniveau erreicht werden
  • Inflation wird mit 2,4 Prozent 2021 und 2,1 Prozent 2022 erneut über dem Euroraumdurchschnitt liegen: Inflationsaufschlag seit 2008 erreicht bereits über 7 Prozentpunkte 

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator

In der österreichischen Wirtschaft herrscht zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2021 ungebrochene Hochstimmung „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator hat das Allzeithoch des Vormonats von 6,0 Punkten im Juli gehalten. Die Erholung der heimischen Wirtschaft dürfte sich somit über den Sommer mit hohem Tempo fortsetzen. Der Zenit der Wachstumsdynamik in diesem Jahr scheint jedoch nun erreicht“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Mittlerweile ist eine Veränderung bei den Trägern der Erholung erkennbar. Während die Dynamik in der Industrie und am Bau sich zu verlangsamen beginnt, legen der Konsum und darauf gestützt der Dienstleistungssektor noch an Tempo zu.“ 

Dienstleistungssektor profitiert weiterhin von Nachholeffekten
In den vergangenen Monaten ist ausgehend von der Industrie und dem Bau sowie nach der Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im Frühjahr auch im Dienstleistungssektor die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft stetig angestiegen ist. Wenn die Konjunkturstimmung auch insgesamt am Höhepunkt ist, zeigen sich allerdings zu Beginn der zweiten Jahreshälfte in Teilen der Wirtschaft Ermüdungserscheinungen. 

Die internationale Unterstützung für die exportorientierte heimische Industrie verliert etwas an Kraft, die zusätzlichen Impulse durch den globalen Handel werden schwächer. Auch Lieferengpässe etwa im Halbleiterbereich belasten die Dynamik der Industrie, die trotz etwas gesunkener Stimmung in diesem Sommer weiter überdurchschnittlich stark ist. 

Aufgrund von Lieferproblemen und einer dynamischen Kostenentwicklung hat sich auch die Geschäftseinschätzung in der Bauwirtschaft zu Beginn der zweiten Jahreshälfte etwas eingebremst, obwohl sich die Auftragsbücher vor allem dank öffentlicher Aufträge aktuell noch rascher befüllen. 

„Der Dienstleistungssektor gewinnt in den kommenden Monaten stark an Bedeutung für das Tempo der Erholung der Wirtschaft in Österreich. Nach der Öffnung vieler Branchen erst im Frühjahr profitiert der Sektor noch von Nachholeffekten, die in der Industrie oder am Bau bereits weitgehend ausgelaufen sind“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Die Stimmung im Dienstleistungssektor befindet sich daher weiterhin uneingeschränkt im Aufwind, zumal die Zuversicht der Konsumenten sogar auf ein 2-Jahres-Hoch gestiegen ist. 

Nach dem Konjunktursprung im Frühjahr verliert das Wachstum an Tempo 
Der aktuelle UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator weist auf eine Verlängerung der hohen Wachstumsdynamik der österreichischen Wirtschaft über den Sommer hin, nachdem im Frühjahr mit einem BIP-Anstieg um 4,3 Prozent zum Vorquartal die Konjunkturwende erfolgte. 

Allerdings kündigt die Beruhigung der Stimmung in einzelnen Wirtschaftsbereichen bereits eine Verlangsamung der Erholung in den kommenden Monaten an. In der Industrie und am Bau ist der Wachstumshöhepunkt bereits überschritten worden. Der Dienstleistungssektor hält das Erholungstempo dank Nachholeffekten vorerst weiter hoch. Die Nachholeffekte werden jedoch zusehends auslaufen und damit das Wachstumstempo der gesamten österreichischen Wirtschaft nach unten drücken. 

„Im dritten Quartal wird die österreichische Wirtschaft zwar erneut ein hohes Wachstum erreichen. Das Tempo wird aufgrund der auslaufenden Nachholeffekte und der generellen Verlangsamung der Erholung insbesondere in der Industrie jedoch unter jenem des Blitzstarts im Frühjahres liegen. Im weiteren Jahresverlauf wird sich der Wachstumstrend weiter verlangsamen, doch wir gehen davon aus, dass sich die Erholung als nachhaltig erweist und 2021 ein Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent in Österreich ermöglicht“, so Pudschedl.

Rund um den Jahreswechsel 2021/22 wird die österreichische Wirtschaft das Vorkrisenniveau erreichen. „Trotz steigender Herausforderungen durch höhere Infektionszahlen über den Winter sollte sich die Erholung 2022 fortsetzen, wenn auch die unterjährige Wachstumsdynamik angesichts auslaufender Nachholeffekte weiter nachlassen wird. Aufgrund des statistischen Überhangs aus der Pandemie wird das Wirtschaftswachstum 2022 jedoch sogar 5,5 Prozent im Jahresvergleich erreichen können“, erwartet Pudschedl. 

Der maßgebliche Träger im kommenden Jahr wird der private Konsum sein, der sich weitgehend frei von Beschränkungen und gestützt auf die während der Pandemie gestiegenen Sparrücklagen stärker entfalten können wird als im laufenden Jahr. Die Investitionstätigkeit wird dagegen nach dem sehr starken Rebound 2021 weniger stark zum Wirtschaftswachstum beitragen können, wenn auch das Finanzierungsumfeld unverändert günstig bleiben und der Export kräftige Impulse setzten dürfte. 

Erholung am Arbeitsmarkt leidet unter abnehmender Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage 
Der Wirtschaftsaufschwung hat am österreichischen Arbeitsmarkt eine unerwartet rasche Verbesserung ermöglicht. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte lag die Arbeitslosenquote saisonbereinigt bei 7,7 Prozent und damit nur noch rund einen halben Prozentpunkt über dem Tiefpunkt vor Beginn der Pandemie. „Aufgrund der positiven Entwicklung der vergangenen Monate gehen wir davon aus, dass es keine negativen Langzeitfolgen der Pandemie für den österreichischen Arbeitsmarkt geben wird. Wir erwarten derzeit nur noch eine Arbeitslosenquote für 2021 von durchschnittlich 8,3 Prozent und bereits im Verlauf des kommenden Jahres sollte das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden können“, so Pudschedl. 

Während die österreichische Wirtschaft bereits an einem neuen Beschäftigtenrekord kratzt, ist die Arbeitslosenquote derzeit noch höher als vor Ausbruch der Pandemie. Nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria ist allerdings nicht der Anstieg des Arbeitskräfteangebots die entscheidende Ursache, sondern das zu geringe Tempo des Beschäftigtenwachstums. Dies wäre angesichts der Pandemie nicht weiter auffällig, wenn nicht gleichzeitig die Anzahl der offenen Stellen auf ein Rekordniveau zugenommen hätte. Die Vakanzquote, die Anzahl der offenen Stellen im Verhältnis zum Arbeitskräfteangebot stieg bis Mitte 2021 auf 2,5 Prozent nach 2 Prozent vor der Pandemie und unter 1 Prozent bis 2016. Das Problem der schleichend schwindenden Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage am heimischen Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschärft.

Inflation bleibt in Österreich überdurchschnittlich hoch
Nach dem Aufwärtstrend der Inflation in der ersten Jahreshälfte bleibt die Teuerung in Österreich weiter über der 2-Pozent-Marke. Der Höhepunkt der Inflation mit Werten um 3 Prozent ist im Spätherbst zu erwarten. Damit ist ein Anstieg der Teuerung in Jahresdurchschnitt auf 2,4 Prozent in Sicht, nach nur 1,4 Prozent im Jahr 2020. Hauptquelle der gestiegenen Teuerung ist der höhere Ölpreis. Der Preis für Rohöl, der 2020 noch bei durchschnittlich 38 Euro pro Barrel lag, wird 2021 voraussichtlich über 55 Euro betragen, ein Plus von fast 50 Prozent. Bei konstantem Ölpreis würde die Inflation trotz stärkeren Druckes über die Nachfrageseite seit Beginn der wirtschaftlichen Erholung im Jahresdurchschnitt 2021 nur auf 1,8 Prozent ansteigen. 

„Der Inflationsanstieg ist nach unserer Einschätzung überwiegend als temporär einzustufen“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Erstens ist von den Ölpreisen voraussichtlich kein zusätzlicher Aufwärtsdruck gegeben. Zweitens sollte der Effekt der preistreibenden Lieferengpässe am Bau und in der Industrie auslaufen und drittens sehen wir nur einen verhaltenen Druck von der Lohnseite. Wir erwarten daher einen Rückgang der Teuerung im Jahresdurchschnitt 2022 auf 2,1 Prozent.“

Allerdings wird die Teuerung damit in Österreich zwei weitere Jahre über der Inflation im Euroraum liegen, für den Inflationswerte von 2,0 Prozent 2021 bzw. 1,5 Prozent 2022 erwartet werden. Seit dem Jahr 2008 ist die Inflation in Österreich permanent höher als im Euroraum. In diesen Zeitraum hat sich ein Inflationsaufschlag von mittlerweile mehr als 7 Prozentpunkten ergeben. Überdurchschnittlich stark fiel der Preisaufschlag in Österreich bei Mieten, Gesundheitsdienstleistungen, im Freizeitbereich und bei Restaurant- und Hoteldienstleistungen aus. 

Österreich Konjunkturprognose
 

BIP und UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator

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UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria 
Walter Pudschedl , Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
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