UniCredit Bank Austria Analyse:
Österreichs Industrie – nicht nur in der Pandemie eine Erfolgsgeschichte
- Nicht nur während der Pandemie, sondern bereits seit 20 Jahren, ist Österreichs Industrie dynamischer als der Euroraumdurchschnitt
- Aufgrund höherer Produktivitätsgewinne konnte Österreichs Industrie das Beschäftigungsniveau fast halten, während im Euroraumdurchschnitt ein starker Rückgang zu verzeichnen war
- Gleichzeitig stiegen die Stundenlöhne ähnlich stark wie im Euroraum, stärker als in Deutschland, ohne eine Wettbewerbsverschlechterung gegenüber dem Durchschnitt der Handelspartner
- Alle wichtigen Branchen konnten ihren Output in Österreich stärker steigern als im Euroraum (und auch in Deutschland), hauptverantwortlich war jedoch der Maschinenbau. Auch die Metallerzeugung, die Metallverarbeitung, die Elektroindustrie und die KFZ-Herstellung trugen überdurchschnittlich dazu bei
- Die Herausforderungen des Klimawandels und der Digitalisierung garantieren keine Fortsetzung des Erfolgs, zeigen aber, dass Österreichs Industrie auch in herausfordernden Zeiten performen kann
„Österreichs Industrie startete schneller aus dem Pandemietief als die Industrie im Euroraumdurchschnitt und setzte damit die Erfolgsgeschichte der letzten zwanzig Jahre fort “, fasst der Chefökonom der UniCredit Bank Austria Stefan Bruckbauer das Ergebnis einer Analyse der UniCredit Bank Austria Ökonomen zusammen und ergänzt: „Österreichs Industrie steigerte die Produktion real vom Jahr 2000 bis zum Pandemiebeginn um rund 60 Prozent und ist damit deutlich dynamischer als der Euroraum insgesamt mit lediglich 10 Prozent, aber auch deutlich dynamischer als Deutschland mit einem Plus von rund 35 Prozent.“
Parallel dazu stieg auch die reale Wertschöpfung der Industrie, also der Wert der erzeugten Waren bereinigt um Preisänderungen, und damit ist der Beitrag zum BIP in Österreich deutlich dynamischer als in den meisten Ländern des Euroraums. Im Zeitraum 2000 bis Ende 2019 legte die Wertschöpfung der Industrie in Österreich real um über 55 Prozent zu, im Euroraum im gleichen Zeitraum lediglich knapp unter 30 Prozent, in Deutschland um rund 35 Prozent.
Auch bei der Entwicklung der Beschäftigung konnte die Industrie in Österreich besser abschneiden als der Euroraumdurchschnitt. Die Zahl der Beschäftigten in der Industrie ist zwar in den letzten 20 Jahren in Österreich kaum gestiegen, allerdings führt der technische Fortschritt in der Industrie dazu, dass dank Produktivitätsgewinnen mit immer weniger Personen/Stunden ein höherer Output erzeugt werden kann bzw. das Beschäftigungsniveau trotz steigenden Outputniveaus stabil bleibt. Dies ist in Österreich gelungen. Im Euroraumschnitt war der Outputzuwachs hingegen zu gering, weshalb die Zahl der beschäftigten Personen seit 2000 um mehr als 10 Prozent gesunken ist und dies noch vor der Coronakrise.
Obwohl Österreichs Industrie das Beschäftigungsniveau fast halten konnte, war das Outputwachstum stark genug, um die Stundenproduktivität seit 2000 um fast 70 Prozent zu erhöhen – und damit sogar stärker als im Euroraum-Schnitt. „Der starke Anstieg der Industrieproduktion in Österreich in den letzten zwanzig Jahren ermöglichte es der Industrie trotz starker Produktivitätsgewinne das Beschäftigungsniveau zu halten“, so Bruckbauer.
Der stärkere Anstieg der Stundenproduktivität in Österreich erlaubte es der österreichischen Industrie auch, die Löhne und Gehälter pro geleisteter Stunde ähnlich stark zu erhöhen wie im Euroraum und gleichzeitig, anders als im Euroraumschnitt, die Beschäftigung relativ stabil zu halten. Damit verschlechterte sich die Wettbewerbsposition der österreichischen Industrie im Vergleich zu ihren Handelspartnern nicht, im Gegenteil, in den letzten 20 Jahren verbesserte sich die Lohnstückkostenposition Österreichs in der Sachgüterindustrie gegenüber den Handelspartnern in der EU um mehr als 5 Prozent, gegenüber allen Handelspartnern um rund 2 ½ Prozent. Verglichen mit Deutschland entstand aufgrund der Entwicklung in der ersten Hälfte der 2000er Jahre und nach der Finanzkrise ein leichter Wettbewerbsnachteil. Trotzdem entwickelten sich die Exporte Österreichs ähnlich wie jene Deutschlands.
In Österreich war der Zuwachs der Industrieproduktion in allen wichtigen Industriebranchen im Zeitraum 2000 bis 2019 höher als im Euroraumdurchschnitt. Unter den wichtigsten Branchen der österreichischen Industrie war der Wachstumsunterschied besonders stark ausgeprägt beim Maschinenbau, der in Österreich seit 2000 um 140 Prozent zulegen konnte, während er im Euroraumschnitt nur 20 Prozent zunahm (Deutschland +33 Prozent). Mit einem Wachstumsvorsprung von 120 Prozentpunkten und seiner Größe (Anteil von 14 Prozent an der Industrieproduktion in Österreich) war er für fast ein Drittel des gesamten Wachstumsvorsprungs verantwortlich.
Auch die Metallverarbeitung und die Metallerzeugung sowie die Elektro- und KFZ-Industrie erreichten einen überdurchschnittlich hohen Wachstumsvorsprung und trugen daher überdurchschnittlich stark (im Vergleich zu ihrer Größe) zum gesamten Vorsprung der Industrie bei. „Beeindruckend bei der Entwicklung der österreichischen Industrie in den letzten zwanzig Jahren ist auch, dass praktisch alle Industriebranchen einen Wachstumsvorsprung gegenüber dem Euroraum erreichen konnten, wobei alleine der Maschinenbau für ein Drittel des gesamten Wachstumsvorsprungs verantwortlich war“, betont Bruckbauer.
Der Erfolg der vergangenen zwanzig Jahre ist kein Garant für die Zukunft, besonders angesichts der Herausforderungen nach der Pandemie, des Klimawandels und der Digitalisierung. Auch hat die stärkere Inlandsnachfrage – vor allem Investitionen – in diesem Zeitraum im Vergleich zum Euroraum (vor der Finanzkrise aufgrund der Schwäche Deutschlands, nach der Finanzkrise vor allem in Ländern, die von der Eurokrise stärker betroffen waren) positiv zum Wachstum der Industrie beigetragen. „Obwohl der große Erfolg des Industriestandorts Österreich in der Vergangenheit angesichts der derzeit starken Veränderungen im globalen Wirtschaftsgeschehen kein Ruhekissen sein kann, zeigt er doch die Stärken der heimischen Industrie in herausfordernden Zeiten“, meint Bruckbauer abschließend.
Weitere Informationen: https://www.bankaustria.at/wirtschaft-online-wirtschaftsanalyse-oesterreich.jsp
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