27.10.2021

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Oktober:
Geringere Nachfrage und Lieferengpässe bremsen den Aufschwung in der Industrie

  • Leichter Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Oktober auf 60,6 Punkte, den tiefsten Wert seit 9 Monaten 
  • Geringeres Auftragswachstum aus dem In- und Ausland verlangsamt die Produktionsausweitung der heimischen Betriebe 
  • Die Lieferprobleme haben sich weiter verschärft: Lieferzeiten nehmen rascher zu als im Vormonat und die Preise ziehen wieder stärker an 
  • Beschleunigung des Jobaufbaus belastet Produktivität 
  • Erwartungsindex für die Produktion in den kommenden zwölf Monaten sinkt auf 62,5 Punkte, den niedrigsten Wert seit einem Jahr – trotzdem setzt sich die Erholung, verlangsamt, fort

Grafik EMI

Der Aufschwung der heimischen Industrie dauert nunmehr eineinhalb Jahre an. Der Höhepunkt ist mittlerweile jedoch deutlich überschritten. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Oktober auf 60,6 Punkte. Damit hat sich die Wachstumsdynamik der Industrie gegenüber dem Sommer zwar deutlich beruhigt, ist aber weiterhin überdurchschnittlich hoch“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Vor allem aufgrund von externen Einflüssen verlor die Industriekonjunktur in Österreich an Tempo. „In den USA und im Euroraum sind die Einkaufsmanagerindizes im Oktober wegen verschärfter Lieferengpässe gesunken. Das belastet die Nachfragedynamik der stark exportorientierten Industrie Österreichs“, so Bruckbauer und ergänzt: „Aufgrund des nachlassenden Neugeschäfts und anhaltender Lieferengpässe haben die heimischen Industriebetriebe das Tempo der Produktionsausweitung im Oktober reduziert. Die Auftragsrückstände nahmen folglich leicht zu und die Auslieferungszeiten verlängerten sich deutlich. Die Verteuerung von Rohstoffen und Vormaterialien beschleunigte sich. Der Jobaufbau gewann jedoch gleichzeitig leicht an Fahrt.“

Weniger Neugeschäft, aber hauptsächlich bremsen Lieferprobleme das Industriewachstum 
Der stärkste Einfluss auf den Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Oktober ging von der Verlangsamung des Neugeschäfts aus. „Im Oktober sank der Index der Neuaufträge deutlich auf 54,2 Punkte, den tiefsten Stand seit Jahresbeginn. Gleichermaßen hat die nachlassende Nachfragedynamik aus dem In- und Ausland dazu beigetragen. Dennoch ist die Hauptursache der Verlangsamung der Produktionsausweitung in den verschärften Problemen in den globalen Lieferketten zu sehen“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. 

Während der Produktionsleistungsindex mit 55,1 Punkten ebenfalls auf den niedrigsten Wert seit Jahresbeginn zurückfiel und nur noch knapp über dem langjährigen Durchschnitt liegt, stiegen die Vorlaufzeiten in der österreichischen Industrie wieder stark an. „Der starke Anstieg der Lieferzeiten im Oktober bei gleichzeitig beschleunigter Zunahme der Auftragsrückstände zeigt klar, dass die Entwicklung der Produktionsleistung der heimischen Betriebe derzeit weniger von den Nachfragetrends, sondern vielmehr von der Verschärfung der Liefer- und Transportprobleme bestimmt wird“, so Pudschedl. 

Verteuerung von Vormaterialien und Rohstoffen beschleunigt sich erneut 
Infolge der bestehenden Lieferprobleme verringerte sich der Zuwachs der Einkaufsmenge der heimischen Industrie. Dies löste eine Verlangsamung des Lageraufbaus an Vormaterialien und Rohstoffen aus. Erstmals seit Beginn der Erholung, die Mitte 2020 eingesetzt hat, nahmen die Bestände in den Auslieferungslagern jedoch im Durchschnitt zu, was die etwas geringere Nachfragedynamik widerspiegelt. Nach 15 Monaten mit rückläufigen Lagerbeständen in Folge ist diese Trendumkehr jedoch vor allem als gezielte Maßnahme des betrieblichen Lagermanagements einzustufen. 

Die Engpässe bei zahlreichen Gütern trieben den Anstieg der Einkaufspreise im Oktober wieder nach oben. Der Index der Einkaufspreise kletterte auf 91,5 Punkte. „Aufgrund der angebotsseitigen Engpässe in der Produktion und im Transport hat sich der Preisauftrieb in der heimischen Industrie für den Einkauf von Vormaterialien und Rohstoffen stark auf die sogar zweithöchste Rate der Umfragegeschichte nach Juli 2021 beschleunigt. In der Folge wurden die Verkaufspreise sogar so deutlich angehoben, wie nie zuvor seit Beginn der Erhebung dieser Daten vor fast zwanzig Jahren“, meint Pudschedl und ergänzt: „Die heimischen Betriebe waren im Oktober in der Lage, den Kostenanstieg an die Kunden besser als in den Vormonaten weiterzugeben, dennoch hat sich im Durchschnitt die Ertragslage weiter verschlechtert.“

Erhöhtes Tempo beim Beschäftigungsaufbau
Trotz des nachlassenden Neugeschäfts haben die heimischen Betriebe im Oktober ihren Personalstand stärker ausgeweitet als im Vormonat, um die aufgelaufenen Auftragsrückstände abzubauen. Der Beschäftigungsindex ist auf 63,1 Punkte gestiegen, den zweithöchsten Wert der laufenden Erholung. 

„Trotz des kräftigen Jobaufbaus während der vergangenen Monate liegt die Beschäftigung bei der Herstellung von Waren in Österreich noch etwas mehr als einen halben Prozentpunkt unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019. Dagegen ist die reale Industrieproduktion mittlerweile um über 3 Prozentpunkte höher, was im Durchschnitt zu spürbaren Produktivitätsgewinnen geführt hat“, so Pudschedl. 

Allerdings weist die Entwicklung des Beschäftigtenindex im Vergleich zum Produktionsindex darauf hin, dass bereits eine Trendumkehr eingesetzt hat und sich seit Juni dieses Jahres die Produktivität tendenziell verringert. Während in der überraschend starken Beginnphase der Erholung der Personalbedarf nicht rasch genug gedeckt werden konnte, läuft nunmehr die Rekrutierung zusätzlicher Arbeitskräfte auf Hochtouren, wenn auch einige Betriebe in der aktuellen Umfrage bereits angaben, aufgrund von Materialengpässen vorerst keine Neueinstellungen mehr vorgenommen zu haben. 

Optimismus hat abgenommen
Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Oktober auf 60,6 Punkte signalisiert, dass die österreichische Industrie mit der schwächsten Wachstumsdynamik seit Februar ins vierte Quartal 2021 gestartet ist. Aufgrund von Problemen in den Lieferketten und im Transport ist das Produktionswachstum so schwach, wie zuletzt wärend des Winterlockdowns zum Jahreswechsel 2020/21. 

Auch wenn die Industrieproduktion derzeit noch überdurchschnittlich kräftig wächst, scheinen die Risiken für die kommenden Monaten eher zuzunehmen. Durch die anhaltende Pandemie ist weiterhin mit Störungen in den globalen Lieferketten zu rechnen, die die Produktion der heimischen Industrie noch länger belasten und die Preisdynamik hochhalten werden. 

„Der Optimismus der heimischen Betriebe hat zu Beginn des vierten Quartals spürbar nachgelassen. Der Erwartungsindex für die Produktion in den kommenden zwölf Monaten ist auf 62,5 Punkte, den niedrigsten Wert des laufenden Jahres, gesunken. Nach starken Zuwächsen im Frühjahr und Sommer 2021 dürfte sich die Industriedynamik zum Jahresende spürbar abschwächen. Wir erwarten aber weiterhin einen Anstieg der Industrieproduktion um 8,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021“, so Bruckbauer abschließend. 

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E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at