UniCredit Bank Austria Branchenbericht Gütertransport:
Straßengütertransport in Österreich gewinnt 2021 kräftig an Tempo
- Straßengütertransporteure werden 2021 das Minus des Vorjahres von 1,9 Prozent vollständig ausgleichen
- Die Inlandstransporte sind bis zum dritten Quartal 2021 schon um 9 Prozent gestiegen
- Die Zahl der offenen Stellen liegt im Herbst 2021 deutlich über dem Vorkrisenniveau
- 2020 gab es weitere Anteilsverluste im grenzüberschreitenden Gütertransport
- Der Logistikstandort Österreich hat jedoch an Attraktivität gewonnen und liegt weltweit auf Platz vier
Die Transportleistung österreichischer Straßengütertransporteure, also das beförderte Gütervolumen mal der Wegstrecke, ist 2020 um 1,9 Prozent gesunken. Einen stärkeren Rückgang der Transportnachfrage verhinderten die Baukonjunktur und der eCommerce-Boom. „2021 wird die Transportnachfrage das Minus des Vorjahres vollständig ausgleichen. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage stehen die Transportunternehmen bereits vor dem Problem, genügend qualifizierte Mitarbeiter zu finden“, sagt Günter Wolf, Ökonom der UniCredit Bank Austria. Die Zahl der offenen Stellen bei Landverkehrsberufen liegt seit Juni 2021 wieder deutlich über dem Vorkrisenniveau.
Gütertransport kann 2021 das Minus des Vorjahres rasch ausgeglichen
2020 ist die gesamte Transportleistung österreichischer Straßengütertransporteure um 1,9 Prozent gesunken. Infolge der stark rückläufigen Außenhandelsnachfrage ist der grenzüberschreitende Transport mit 9 Prozent besonders tief ins Minus gerutscht, während die Transportleistung im Inland stagnierte.
Dass die Transportnachfrage im Inland im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsentwicklung, die 2020 um 6,7 Prozent real gesunken ist, relativ stabil blieb, war den moderaten Produktionseinbußen der heimischen Bauwirtschaft und vor allem dem eCommerce-Boom zu verdanken. Sowohl die Beförderung von Baustoffen als auch Sammelguttransporte lieferten deutlich positive Wachstumsbeiträge: Die Transportleistung mit Baustoffen ist um 16 Prozent und die mit Sammelgut sogar um 57 Prozent gestiegen (bei einer gesamten Gütertransportleistung heimischer Unternehmen auf der Straße von 26 Milliarden Tonnenkilometern entfallen jeweils rund 11 Prozent auf diese beiden Segmente).
Das gesamtwirtschaftliche Umfeld in Österreich bleibt 2021 wie auch 2022 für das Transportgewerbe vorteilhaft, mit Wirtschaftswachstumsraten von durchschnittlich 5 Prozent, wobei wesentliche Nachfrageimpulse von der Industrie und vom Außenhandel kommen. Vor dem Hintergrund kann sich die Güterverkehrsleistung 2021 rasch erholen und das Vorjahresminus voraussichtlich mehr als ausgleichen. Die Transportleistung der heimischen Straßengütertransporteure ist im Inland, inklusive der Inlandsstrecken bei grenzüberschreitenden Fahrten, in den ersten drei Quartalen bereits um rund 9 Prozent gestiegen (laut Schätzung der Statistik Austria).
Ein aktueller Konjunkturindikator für das Transportgewerbe sind die Fuhrparkinvestitionen der gewerblichen Transporteure. Das Fuhrgewerbe hat bis zum August 2021 um 7 Prozent mehr Lkw über 3,5 Tonnen Nutzlast und um 34 Prozent mehr neue Sattelzugfahrzeuge erstmals angemeldet. Die Entwicklung ist ein deutliches Signal für den Konjunkturaufschwung im Straßengütertransport, auch wenn ein Teil darauf zurückzuführen ist, dass es 2020 zu einem stärkeren Rückgang der Neuzulassungen gekommen ist und die Transportunternehmen den Investitionsrückstau im Fuhrpark abbauen.
Die starke Transportnachfrage 2021 löste zudem einen Arbeitskräftemangel in der Transportwirtschaft aus. Dementsprechend ist das leichte Beschäftigungsminus im Straßengütertransport von 2 Prozent bis September vermutlich weniger die Folge einer vorsichtigen Kapazitätsplanung der Unternehmen, sondern viel mehr auf den Mangel an passenden Arbeitskräften zurückzuführen. Branchenintern wird bereits von einem gravierenden Lenkermangel im Gütertransport gesprochen. Darauf weist auch die Zahl der offenen Stellen für Landverkehrsberufe hin. In dem Bereich werden seit Juni 2021 durchschnittlich 3.300 Arbeitskräfte gesucht, wesentlich mehr als noch vor der Krise (2019 waren beim AMS in dem Berufssegment durchschnittlich 2.600 offene Stellen gemeldet).
Anteilsverluste im grenzüberschreitenden Gütertransport 2020
Österreichs Transporteure sind 2020 gegenüber ausländischen Konkurrenten in Rückstand geraten. Die Transportleistung von und nach Österreich ist im Vorjahr mit im Inland registrierten Lkw um 9 Prozent gesunken, mit ausländischen Fahrzeugen hingegen nur um 2 Prozent. Zudem haben inländische Unternehmen auch im Binnentransport Marktanteile verloren. In diesem Segment stagnierte die Transportleistung, während ausländische Transporteure im Binnenverkehr, also im Rahmen von sogenannten Kabotagefahrten, in Österreich eine um 11,5 Prozent höhere Transportleistung erbracht haben.
Seit 2008 hat sich der Anteil österreichischer Transporteure am grenzüberschreitenden Straßengütertransport von 38 Prozent auf 15 Prozent verringert. Großteils sind die Anteile an Transporteure aus den neuen EU-Mitgliedsländern, die zuletzt schon 71 Prozent der Transportleistung in diesem Segment erbracht haben, verloren gegangen. Weitere 9 Prozent entfallen auf deutsche Lkw. „Die Statistik lässt hier erhebliche Leistungseinbußen für österreichische Unternehmen vermuten. Allerdings dürfte die Entwicklung im grenzüberschreitenden Gütertransport im Endeffekt weniger dramatisch sein, da zumindest ein Teil der Transporte mit Fahrzeugen ausgeführt wird, die von heimischen Transportunternehmen im Ausland angemeldet, das heißt ausgeflaggt, wurden, oder die über Auslandstöchter österreichischer Unternehmen abgewickelt wurden“, sagt Wolf.
Der Logistikstandort Österreich ist attraktiver geworden
Obwohl die Nachfrage nach Straßengütertransporten langfristig an Schwung verlieren wird, gebremst von zunehmend gesättigten Gütermärkten und vor allem dem klimapolitisch motivierten Ausbau der Bahn, sind die Perspektiven der Transportwirtschaft in Österreich erfreulich. Der Logistikstandort Österreich ist überdurchschnittlich konkurrenzstark, wozu nicht nur die zentrale Lage im Schnittpunkt wichtiger europäischer Verkehrsachsen beiträgt, sondern auch die bemerkenswert gute Infrastrukturausstattung.
Im Vergleich des Logistikangebots von 160 Ländern weltweit ist Österreich von Platz 22 im Jahr 2014 bis auf Platz 4 im Jahr 2018 vorgerückt (der von der Weltbank erstellte „Logistics-Performance Index“ basiert auf Unternehmerbefragungen zur Qualität der Logistikumgebung in ihren wichtigsten Märkten). Die Position verbesserte sich in fast allen Einzelkriterien, das heißt im Vergleich des Angebots an internationalen Transportmöglichkeiten, der Qualität der Logistikdienstleistungen, der zeitgerechten und verfolgbaren Auftragsabwicklung, der Infrastruktur und der Effizienz der Zollabfertigung von Lieferungen.
Die erste Position im Ranking belegt seit Jahren Deutschland. Im Vergleich zum Logistikstandort Deutschland werden für Österreich nur leichte Defizite bei der Dauer der Zollabfertigung beziehungsweise der Qualität der Flughäfen und Häfen festgestellt. Zugleich liefert der Index einige bemerkenswert positive Ergebnisse für den Standort Österreich, beispielsweise, dass die Frachtraten auf allen Verkehrsträgern niedriger als in Deutschland sind und die Qualität der Straßen- und Bahninfrastruktur ebenso wie der IT-Infrastruktur sowie die Qualität der Dienstleistungen rund um den Gütertransport sowohl auf privater als auch auf Behördenseite höher ist.
Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Günter Wolf, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41954;
E-Mail: guenter.wolf@unicreditgroup.at