26.11.2021

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im November:
Lieferengpässe sorgen für eine Pause der Industrieerholung in Österreich

  • UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im November auf 58,1 Punkte
  • Fehlendes Neugeschäft ließ die Produktionsleistung der heimischen Industriebetriebe beinahe stagnieren
  • Die Lieferprobleme haben sich weiter verschärft, doch die Lieferzeiten nahmen zumindest etwas weniger rasch zu als im Vormonat und die Preise zogen etwas schwächer an 
  • Das Tempo des Jobaufbaus war im November weiterhin hoch 
  • Das Verhältnis der Neuaufträge zu Lagerbeständen lässt für die kommenden Monate eine Unterbrechung der Erholung erwarten, doch trotz Rückgang des Erwartungsindex auf 58,7 Punkte bleibt die österreichische Industrie auf Jahressicht optimistisch
  • Der neuerliche Lockdown sorgt für Verunsicherung, wird die Industrie aber nicht wesentlich belasten

Grafik EMI

Die Erholung der heimischen Industrie scheint eine Pause einzulegen. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ging im November auf 58,1 Punkte zurück. Der Indikator ist damit auf den niedrigsten Wert seit Februar dieses Jahres gesunken, übertrifft jedoch weiterhin die Wachstumsgrenze von 50 Punkten deutlich“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der Indikator dürfte derzeit ein zu optimistisches Konjunkturbild zeichnen, denn die Produktionsleistung stagnierte im November beinahe und auch das Neugeschäft hat kaum mehr zugenommen. Der Indikator wurde durch den weiterhin starken, jedoch zeitlich nachlaufenden, Beschäftigungsaufbau, steigende Lagerbestände sowie die rasche Verlängerung der Lieferzeiten gestützt. Dies war jedoch nicht auf die Nachfrage, sondern auf angebotsseitige Engpässe zurückzuführen, die für die erneut starke Verteuerung von Rohstoffen und Vormaterialien verantwortlich zeichnete. Der aktuelle Lockdown sorgt zwar für Verunsicherung, scheint bisher die Industrie allerdings nicht wesentlich zu belasten.“

Stagnation der Produktionsleistung und der Auftragseingänge 
Die Abkühlung der Industriekonjunktur im November zeigt sich am deutlichsten im Rückgang des Produktionsindex um fast 4 Punkte auf nur noch 50,2 Punkte, den niedrigsten Wert seit Beginn der laufenden Erholung im Frühjahr 2020. „Die heimischen Betriebe haben im November ihre Produktionsleistung erstmals seit fast eineinhalb Jahren kaum ausgeweitet. Neben den anhaltenden Problemen in den globalen Lieferketten bremste auch eine stark nachlassende Nachfragedynamik die Produktion. Der Index für das Neugeschäft sank auf 50,3 Punkte, nur noch ganz knapp über der Wachstumsgrenze und mit großem Abstand der niedrigste Wert seit Juni 2020“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Hinter dem nur noch leichten Anstieg der Auftragseingänge steht mit einem Indexwert von 51,3 Punkten ein klares Plus der Exportaufträge, während die Nachfrage aus dem Inland sogar leicht abnahm. 

Dämpfend auf die Industriekonjunktur wirken sich jedoch vor allem die Engpässe in den Lieferketten aus, die erneut zu einer starken Ausweitung der Vorlaufzeiten in der österreichischen Industrie führten. „Der starke Anstieg der Lieferzeiten im November bei gleichzeitig deutlicher Zunahme der Auftragsrückstände macht klar, dass die Entwicklung der Produktionsleistung der heimischen Betriebe derzeit weniger von den Nachfragetrends, sondern vielmehr von der Verschärfung der Liefer- und Transportprobleme bestimmt wird“, so Pudschedl. 

Verteuerung von Vormaterialien und Rohstoffen hat kaum nachgelassen 
Die Probleme in den globalen Lieferketten führten erneut zu einer Verringerung des Zuwachses der Einkaufsmenge der heimischen Industrie. Dennoch beschleunigte sich der Aufbau der Lagerbestände an Vormaterialien stark. Neben der Anpassung der Produktion an die gesunkene Nachfragedynamik wurde dies durch einzelne fehlende Komponenten verursacht, sodass auch lagernde Vormaterialien nicht in der Produktion verarbeitet werden konnten. Die Bestände in den Auslieferungslagern stiegen daher deutlich langsamer. 

Die Einkaufspreise kletterten im November wieder stark nach oben, wenn auch mit etwas geringerem Tempo als im Vormonat. Der Index der Einkaufspreise sank auf 89,5 Punkte. „Aufgrund der angebotsseitigen Engpässe in der Produktion und im Transport blieb der Preisauftrieb in der heimischen Industrie für den Einkauf von Vormaterialien und Rohstoffen sehr hoch. Auch die Verkaufspreise konnten deutlich angehoben werden, allerdings nicht mehr so stark wie im Vormonat. Die heimischen Betriebe waren im November nicht in der Lage, den Kostenanstieg in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben, sodass sich im Durchschnitt die Ertragslage verschlechtert haben dürfte“, meint Pudschedl.

Weiterhin hohes Tempo beim Beschäftigungsaufbau
Während sich die Industriekonjunktur bereits spürbar abgekühlt hat, bleibt der Anstieg der Beschäftigung als Folge des kräftigen Erholungstempos der vergangenen Monate vorerst noch hoch. Im November hat sich der Jobaufbau zwar etwas verlangsamt, mit 62,0 Punkten erreichte der Beschäftigtenindex dennoch erneut einen im langjährigen Vergleich überdurchschnittlich hohen Wert. 

„Die Arbeitslosenquote in der heimischen Industrie beträgt aktuell nur noch 3,5 Prozent. Der zeitliche Rückstand bei der Rekrutierung von neuem Personal aufgrund des überraschend hohen Erholungstempos, den die hohe Anzahl an offenen Stellen widerspiegelt, spricht vorerst noch für einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit. Im Gesamtjahr 2021 wird die Arbeitslosenquote nach höheren Werten zu Jahresbeginn im Durchschnitt voraussichtlich 3,9 Prozent betragen, nach noch 4,9 Prozent im Vorjahr. Der Vorkrisenwert aus 2019 von 3,7 Prozent wird damit bereits fast erreicht werden“, meint Pudschedl. Damit wird die Arbeitslosenquote in der Industrie weiterhin deutlich unter jener in der Gesamtwirtschaft von geschätzten 8,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 liegen.

Vorübergehende Delle durch Lieferengpässe und weiterhin Optimismus auf Jahressicht 
Während der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im November geringfügig auf 58,1 Punkte gesunken ist, weist der starke Rückgang des Produktionsindex auf eine deutliche Abkühlung der Industriekonjunktur in Österreich zu Beginn des Winters hin. Dahinter stehen eine Abschwächung der Nachfrage und vor allem die bestehenden Lieferengpässe für eine Vielzahl an Vormaterialien und Rohstoffen, die auch in den kommenden Monaten die große Herausforderung für die Industrie bleiben werden. Wenn auch die Verunsicherung durch den infektionsbedingten Lockdown seit 22. November zugenommen hat, sollte der Pandemieverlauf die heimische Industrie hingegen nicht spürbar belasten.

Eine Entspannung der weltweiten Lieferketten- und Transportprobleme erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria erst im späteren Jahresverlauf 2022, so dass die Erholung der österreichischen Industrie vorerst wohl eine Pause einlegen dürfte. „Für die kommenden Monate muss von einer weiteren Verschlechterung des Indikators sogar unter die Wachstumsschwelle ausgegangen werden. Das unterstreicht das verschlechterte Auftrags-Lager-Indexverhältnis, das erstmals seit 16 Monaten anzeigt, dass die Bestände in den Verkaufslagern ausreichen, um die aktuellen Auftragseingänge auch mit einer geringeren Produktionsleistung zu bewältigen“, so Bruckbauer. 

Der Aufschwung der Industrie wird voraussichtlich nur vorübergehend unterbrochen werden. Der Konjunkturoptimismus der österreichischen Industrie hat im November zwar weiter abgenommen, der Erwartungswert für die Produktion auf Jahressicht liegt mit 58,7 Punkten jedoch weiterhin deutlich über der neutralen Schwelle von 50 und verspricht damit ein kräftiges Wachstum sobald sich die Lieferengpässe aufzulösen beginnen“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Nach einem Anstieg der Industrieproduktion um über 9 Prozent im Jahr 2021 kann nach schwachem Beginn für 2022 immerhin noch ein Produktionswachstum von mehr als 2 Prozent erwartet werden.“ 

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