15.02.2022

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator:
Österreichs Wirtschaft weiter optimistisch, doch Pandemiebeschränkungen und Lieferengpässe belasten auch zu Jahresbeginn 2022

  • Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators setzte sich im Jänner 2022 auf 3,2 Punkte fort, jedoch mit stark nachlassendem Tempo
  • Lockerung der Pandemiemaßnahmen stützten den Dienstleistungssektor, hingegen bremsten weiter bestehende Lieferengpässe und der Kostenanstieg die Zuversicht am Bau und in der Industrie 
  • Nach Rückgang im Lockdown liegt Österreichs Wirtschaft im 1. Quartal 2022 wieder auf Wachstumskurs
  • Überdurchschnittlich hoher BIP-Anstieg von 4,5 Prozent für das Jahr 2022 und 3 Prozent für 2023 erwartet, nach fast 5 Prozent 2021 
  • Anhaltende Verbesserung am Arbeitsmarkt trotz Omikron-Welle: Rückgang der Arbeitslosenquote 2022 auf nunmehr 7 Prozent erwartet, im Jahresdurchschnitt 2023 auf 6,7 Prozent 
  • Inflationsprognose für 2022 auf 3,9 Prozent angehoben, 2023 sollte die Inflation mit 1,7 Prozent aber wieder unter 2 Prozent liegen
  • Gestiegene Inflation und Erholung am Arbeitsmarkt werden EZB im September wahrscheinlich zur Einstellung der Wertpapiernettokäufe und nach mehr als zehn Jahren zur ersten Zinsanhebung noch in diesem Jahr bewegen

Grafik Konjunkturindikator

Die österreichische Wirtschaft startete mit verhaltenem Optimismus ins Jahr 2022. „Die Konjunkturstimmung in Österreich zeigte sich zu Jahresbeginn nach dem Lockdown im November und den fortgesetzten Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie sowie aufgrund der Probleme durch Lieferengpässe etwas stärker belastet als im Vormonat. Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im Jänner geringfügig auf 3,2 Punkte gesunken, überstieg damit jedoch weiterhin klar den langjährigen Durchschnitt“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Nach dem Auseinanderdriften während des Lockdowns war zu Jahresbeginn die Konjunkturentwicklung in den einzelnen Wirtschaftssektoren wieder einheitlicher. Während das Anhalten der globalen Lieferprobleme die Zuversicht in den Produktionssektoren etwas eintrübte, kam es nach der Lockerung der Pandemiemaßnahmen zu einer Stimmungsaufhellung in vielen vom Lockdown stark betroffenen Dienstleistungsbranchen.“

Zu Jahresbeginn präsentierte sich das Stimmungsbild in der österreichischen Wirtschaft wieder etwas einheitlicher, wenn dies auch auf gegenläufige Trends in den einzelnen Wirtschaftssektoren zurückzuführen war. Bei vielen Dienstleistern, insbesondere im Handel und im Gastgewerbe, stieg im Jänner die Zuversicht aufgrund der Lockerung der Pandemiemaßnahmen an. Im Dienstleistungssektor haben sogar die Optimisten wieder die Überhand gewonnen, zumal auch die Stimmung der Konsumenten angesichts der überraschend guten Entwicklung am Arbeitsmarkt zugelegt hat. 

Dagegen hat sich die Stimmung am Bau und in der heimischen Industrie zu Jahresbeginn trotz voller Auftragsbücher etwas eingetrübt, da sich die Hoffnung auf eine rasche Auflösung der Lieferengpässe nicht erfüllte und der starke Kostenanstieg belastete. Allerdings war zu Jahresbeginn sowohl die Bauwirtschaft als auch die heimische Industrie weiter überdurchschnittlich optimistisch. Dies ist bei der Industrie auch auf das günstige globale Exportumfeld zurückzuführen, wenn auch die Unterstützung insbesondere aus den USA und den asiatischen Ländern sowie vor allem aus China nachgelassen hat. „Bei gegenläufigen Stimmungstrends zu Jahresbeginn in den einzelnen Wirtschaftssektoren zeigt sich als wichtige Gemeinsamkeit die überdurchschnittliche gute Konjunkturstimmung in allen Bereichen der österreichischen Wirtschaft. Ungeachtet der Beschränkungen durch Maßnahmen gegen die Pandemie bzw. durch Lieferengpässe blicken die heimischen Produktions- und Dienstleistungsunternehmen sowie die Konsumenten in großer Mehrheit viel optimistischer ins Jahr 2022 als vor einem Jahr“, so Bruckbauer. 

Nach dem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2021 haben die Lockerungen der Pandemiemaßnahmen und die – wenn auch nur sehr leichte – Entspannung der Lieferengpässe die österreichische Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs gebracht. „Im ersten Quartal 2022 wird die österreichische Wirtschaft voraussichtlich einen zumindest geringen Anstieg des BIP erreichen. Anders als im vorigen Jahr sollte damit eine technische Rezession ausbleiben“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Zudem zeichnet sich ab dem Frühjahr eine Beschleunigung des Wachstumstempos ab, gestützt auf ein starkes Comeback des Dienstleistungssektors und im weiteren Jahresverlauf zusätzlich auf einer Belebung am Bau und in der Industrie bei schrittweiser Entspannung der globalen Lieferprobleme vor allem in der zweiten Jahreshälfte.“ 

„Nach dem kräftigen BIP-Anstieg von fast 5 Prozent im Jahr 2021 erwarten wir auch für 2022 ein hohes Wirtschaftswachstum, das mit 4,5 Prozent kaum geringer als im Vorjahr ausfallen sollte. Insbesondere der private Konsum sollte in diesem Jahr unterstützt von der deutlichen Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt sowie abnehmender gesundheitspolitischer Unsicherheiten zum starken Impulsgeber des Wachstums werden, obwohl sich die länger anhaltende hohe Inflation zunehmend als Bremsklotz erweisen könnte“, meint Pudschedl. Auch für 2023 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria mit einem Anstieg des BIP um 3 Prozent ein von deutlich geringeren Nachholeffekten geprägtes, wenn auch überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum in Österreich. 

Verbesserungstrend am Arbeitsmarkt nur kurz von Pandemiemaßnahmen beeinträchtigt 
Nach dem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote während des Lockdowns im November hat der rückläufige Trend trotz Einschränkungen für viele Branchen durch Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie sowie die anhaltenden Lieferengpässe wieder eingesetzt. 

„Ende Jänner 2022 lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote mit 6,8 Prozent bereits klar unter dem Vorkrisenniveau von 7,1 Prozent vom Februar 2019. Sowohl in der Industrie als auch am Bau und bei den Dienstleistungen insgesamt liegt die aktuelle Arbeitslosenquote unter dem Niveau vor Ausbruch der Pandemie. Zudem werden die branchenspezifischen Schwankungen aufgrund der unterschiedlichen Betroffenheit von gesundheitspolitischen Maßnahmen immer geringer“, meint Pudschedl. Dahinter stehen sowohl die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie die Kurzarbeit als auch die Unternehmen, die sich mit ihren Geschäftsmodellen immer besser an die jeweiligen Rahmenbedingungen anpassen. Nur im Bereich der Beherbergung und Gastronomie sowie bei der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, zu denen vor allem viele körpernahe Dienste zählen, zeigen sich auch in diesem Winter spürbare Ausschläge nach oben, die jedoch deutlich geringer als bei vorhergehenden Lockdowns ausgefallen sind. Ausschließlich in diesen beiden Branchen konnte die Arbeitslosenquote bisher auch nicht das Vorkrisenniveau erreichen. 

„Nach 8,0 Prozent im Jahr 2021 erwarten wir angesichts der guten Entwicklung über den Winter für 2022 nunmehr sogar einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf nur noch 7,0 Prozent und weiter auf durchschnittlich 6,7 Prozent 2023“, so Pudschedl und ergänzt: „So niedrig war die Arbeitslosenquote in Österreich seit der Finanzkrise vor 13 Jahren nicht mehr.“ Ein rasches Abklingen der Pandemie und der Lieferengpässe würden angesichts der Vielzahl an derzeit noch offenen Stellen sogar eine noch deutlichere Verbesserung am Arbeitsmarkt in Reichweite rücken. Unter Berücksichtigung der Anzahl an offenen Stellen in den einzelnen Branchen besteht für die kommenden Monate das stärkste Verbesserungspotenzial am Arbeitsmarkt in der Herstellung von Waren, der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, am Bau sowie im Handel, in der Beherbergung und Gastronomie, im Verkehr und der Lagerei sowie im Gesundheitswesen. 

Inflation bleibt länger hoch, Zinsanhebungen rücken näher 
Der Anstieg der Teuerung hat sich zu Jahresbeginn 2022 fortgesetzt und mit über 5 Prozent im Jahresvergleich den höchsten Wert seit Ende 1984 erreicht. Weiterhin sind die Energiepreise der bestimmende Treiber, jedoch hat im Jänner unter anderem das Auslaufen der temporären Halbierung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Gastronomie, Beherbergung, Kultur und Publikationen für Preisauftrieb gesorgt. Der Inflationshöhepunkt dürfte zwar erreicht worden sein, denn erste Signale einer beginnenden Entspannung der angebotsseitigen Lieferprobleme für viele Rohstoffe und Vormaterialien zeichnen sich ab. 

Ab dem Frühjahr sollte sich die Teuerung dank sinkender Rohstoffpreise daher verlangsamen, jedoch wird die starke Nachfrage nach Dienstleistungen für Auftrieb sorgen und erste Folgen des Energiepreisanstiegs etwa auf die Lebensmittelpreise werden spürbar werden. „Nach 2,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 gehen wir für 2022 mittlerweile von einer deutlich höheren Teuerung aus, wenn auch mit sinkender Tendenz im Jahresverlauf. Wir haben unsere Prognose für 2022 auf durchschnittlich 3,9 Prozent erhöht, bei bestehender Gefahr für einen stärkeren Anstieg durch eine Eskalation der Ukraine-Krise. 2023 sollte die Teuerung wieder deutlich zurückgehen, doch mögliche Zweitrundeneffekte könnten diesen Trend verschleppen“, meint Pudschedl. 

Der erneute Anstieg der Energiepreise wird nicht nur in Österreich zu einer länger anhaltenden höheren Inflation führen, was in Kombination mit der schnelleren Erholung des Arbeitsmarktes in der Europäischen Zentralbank offensichtlich zu einer Änderung der geldpolitischen Einschätzung geführt hat. 

„Wir erwarten eine raschere Normalisierung der Geldpolitik als bisher. Bereits im September könnte das Ende der Nettoankäufe von Wertpapieren durch die EZB gekommen sein und Ende 2022 kommt nach mehr als zehn Jahren eine erste Zinserhöhung in Sicht, sowohl des Reposatzes als auch des Einlagensatzes. Anfang 2023 könnte eine weitere Zinsanhebung die mehr als sieben Jahre dauernde Phase negativer Zinsen im Euroraum beenden“, erwartet Bruckbauer und ergänzt: „Allerdings sollte die Inflation 2023 wieder unter 2 Prozent im Jahresvergleich fallen, so dass die EZB eine Pause einlegen und erst 2024 den Zinsanhebungszyklus fortsetzen dürfte.“ Bei höheren Lohnabschlüssen und/oder anderen Zweitrundeneffekten könnte die EZB jedoch die Pause für Zinsanhebungen verkürzen.

 Grafik Konjunkturindikator

  Grafik Konjunkturindikator

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