29.03.2022

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im März:
Aufschwung in der österreichischen Industrie weiterhin stark, doch Ukraine-Krieg trübt die Aussichten deutlich

  • UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex stieg auf 59,3 Punkte und signalisiert anhaltend kräftiges Wachstum in der heimischen Industrie im März
  • Stärkere Ausweitung der Produktion als im Vormonat trotz leichter Verlangsamung des Neugeschäfts 
  • Lieferprobleme nehmen wieder deutlich zu: Preisauftrieb und Verlängerung der Lieferzeiten nahe den Rekordniveaus vom vorigen Herbst 
  • Fortsetzung des Beschäftigungsaufbaus mit nur etwas weniger Tempo 
  • Kurzfristig noch solides Wachstum, doch die Produktionserwartungen auf Jahressicht sanken im März auf den niedrigsten Wert seit Frühjahr 2020 

Grafik EMI

Die Industriekonjunktur in Österreich hat sich trotz des Kriegs in der Ukraine und der Verhängung von Sanktionen gegen Russland leicht verbessert. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im März auf 59,3 Punkte gestiegen. Die heimische Industrie hat ihr Wachstumstempo aufgrund der aktuell ausgezeichneten Auftragslage sogar leicht gegenüber dem Vormonat gesteigert“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Angesichts der sich dramatisch veränderten Rahmenbedingungen durch die Eskalation des Ukraine-Konflikts haben sich die Produktionserwartungen der österreichischen Industriebetriebe jedoch abrupt verschlechtert. Während der Blick in den Rückspiegel noch eine Fortsetzung des Industrieaufschwungs in Österreich anzeigt, rückt beim Blick nach vorne das Risiko einer Stagnation oder gar Rezession der heimischen Industrie näher.“ 

Der negative Einfluss der Ereignisse in der Ukraine ist trotz der aktuellen Verbesserung des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex nicht zu übersehen. „Die stärkere Ausweitung der Produktion erfolgte im März trotz einer Verringerung des Wachstums des Neugeschäfts gegenüber dem Vormonat. Auch der Beschäftigungsaufbau verlangsamte sich. Vor allem verschärften sich die Lieferprobleme nach einer kurzen Entspannungsphase wieder deutlich. Die Verlängerung der Lieferzeiten und der Anstieg der Einkaufspreise näherte sich den Rekordniveaus vom Herbst des vorigen Jahres“, fasst Bruckbauer die Ergebnisse der Umfrage vom März zusammen. 

Neugeschäft steigt weiter, aber langsamer
Die Auftragslage der heimischen Industriebetriebe hat sich im März weiter verbessert. Das Neugeschäft hat jedoch langsamer zugenommen als in den letzten beiden Monaten. Während die Exportnachfrage unverändert stark zunahm, hat dagegen das Tempo der Auftragseingänge aus dem Inland spürbar nachgelassen. „Trotz des geringeren Wachstums des Neugeschäfts haben die heimischen Betriebe im März ihre Produktion etwas stärker ausgeweitet als im Vormonat. Der Produktionsindex kletterte auf 54,5 Punkte, da auf vorhandene Auftragsbestände zurückgegriffen werden konnte“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Das Tempo der Produktionsausweitung war jedoch viel zu gering, um die Nachfrage erfüllen zu können. Die Auftragsrückstände nahmen – wenn auch etwas verlangsamt – den 21. Monat in Folge zu. Personal- und vor allem die erneut zunehmenden Lieferengpässe sowie die stark gestiegene Rohstoffpreise bremsten die Expansion der Industrie.“

Erneute Verschärfung der Lieferengpässe
Der Druck auf die Lieferketten aufgrund von Material- und Komponentenverknappung, Transportproblemen und der starken Nachfrage hat sich nach einer leichten Entspannung zu Jahresbeginn durch die Eskalation des Ukraine-Konflikts nun wieder erhöht. Die Mehrheit der heimischen Betriebe registrierte im März eine klare Verschärfung der Probleme. Neben dem vereinzelt direkten Ausfall bestehender Lieferketten als Folge des Kriegs belasteten vor allem die stark steigenden Preise für Rohstoffe und Vormaterialien. Die Preisdynamik näherte sich im März den Rekordwerten der zweiten Jahreshälfte 2021 an mit besonders hohen Ausschlägen bei Energierohstoffen, wie Erdöl und Gas. 

Energiekostenauftrieb hat sich stark beschleunigt
Die leichte Entspannung des Kostenauftriebs seit Jahresbeginn hat im März abrupt geendet. Nach dem kontinuierlichen Rückgang seit Oktober des Vorjahres stieg der entsprechende Index der Einkaufspreise auf 89,2 Punkte an. „Die große Mehrheit der Unternehmen klagte im März über stark steigende Kosten für Vormaterialien, Transport und vor allem für Energie. Auch die Verkaufspreise legten kräftig zu, jedoch schwächer. Die heimischen Industriebetriebe konnten den hohen Kostenanstieg durch die Energiepreise somit im Durchschnitt nicht in vollem Umfang an ihre Kunden weitergeben, sodass sich tendenziell durch die Preistrends die Ertragslage verschlechtert haben dürfte“, so Pudschedl.

Angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen und der weiter gestiegenen Nachfrage haben die heimischen Betriebe ihre Einkaufsmenge deutlich erhöht und die Lagerbestände an Vormaterialien aufgefüllt, um weiteren Lieferkettenproblemen und Preissteigerungen entgegenzuwirken. Der entsprechende Index stieg auf 57,4 Punkte. Die Bestände in den Auslieferungslagern blieben dagegen erneut unverändert. 

Beschäftigungsdynamik lässt nach
Infolge der erneuten Produktionsausweitung und der vorhandenen Auftragsrückstände nahm die Beschäftigung in der heimischen Industrie im März weiter zu. Der Beschäftigtenindex sank jedoch auf 60,2 Punkte, was trotz der leichten Verlangsamung gegenüber dem Vormonat auf ein im langjährigen Vergleich weiterhin deutlich überdurchschnittliches Tempo des Jobaufbaus hinweist. „Mit saisonbereinigt über 630.000 erreichte die Beschäftigung in der Herstellung von Waren ein neues Rekordniveau. Bei rund 20.000 Arbeitssuchenden in diesem Sektor ist die aktuelle Arbeitslosenquote auf saisonbereinigt 3,1 Prozent gesunken. Damit wurde das Vorkrisenniveau bereits um einen halben Prozentpunkt unterschritten“, meint Pudschedl.

In der heimischen Sachgüterindustrie sind aktuell rund 15.000 Stellen unbesetzt, was auf eine weitere Verringerung der Arbeitslosenquote in den kommenden Monaten hindeutet. Angesichts des Kriegs in der Ukraine und der wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen wird sich der Rückgang jedoch zumindest einbremsen, wenn nicht bei weiterer Verschärfung sogar gänzlich stoppen. Die Lage am Arbeitsmarkt in der Industrie wird aber weiterhin günstiger als in der Gesamtwirtschaft bleiben. Im Jahresdurchschnitt 2022 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria einen Rückgang der Arbeitslosenquote in der Industrie von 4,0 Prozent im Vorjahr auf rund 3 Prozent gegenüber einem Rückgang von 8,0 auf 6,7 Prozent in der Gesamtwirtschaft. 

Kurzfristig noch gute Aussichten, aber längerfristig Konjunktursorgen
Der aktuelle Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex weist auf eine leichte Verbesserung der Industriekonjunktur gegenüber dem Vormonat hin. Die starke Nachfrage insbesondere aus dem Ausland hat das Neugeschäft angekurbelt und zu einer verstärkten Ausweitung der Produktion geführt. Auf kurze Sicht wird diese Konstellation eine Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs in der heimischen Industrie erlauben, worauf das Indexverhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen im Absatzlager hinweist. Mit den vorhandenen Lagerbeständen können die vorliegenden Aufträge ohne einer weiteren Produktionssteigerung nicht erfüllt werden. 
„Während unmittelbar eine Fortsetzung des Aufschwungs der österreichischen Industrie in Sicht ist, sind die Betriebe hinsichtlich der weiteren Aussichten durch den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen auf Energiepreise und Lieferketten stark verunsichert worden. Die Produktionserwartungen auf Jahresfrist blieben im März nur noch leicht positiv. Der Erwartungsindex ist auf 50,4 Punkte gesunken und weist damit zumindest auf eine bevorstehende Stagnation der Produktion hin. Der russische Einmarsch in der Ukraine hat die Geschäftserwartungen abrupt auf den niedrigsten Wert seit dem Frühjahr 2020 gesenkt, als die erste Welle der Coronapandemie die österreichische Industrie erfasst hatte“, so Bruckbauer abschließend. 

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