UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im April:
- UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank auf 57,9 Punkte im April
- Verlangsamung des Neugeschäfts führte zu Rückgang der Produktionsausweitung
- Beschäftigungsaufbau verliert an Tempo
- Starke Beschleunigung des Kostenauftriebs löste Rekordanstieg der Verkaufspreise im April aus
- Verschärfung der Lieferprobleme: Deutliche Verlängerung der Lieferzeiten
- Solides Wachstum, doch die Produktionserwartungen auf Jahressicht zeigen das Risiko einer Stagnation der Industrie
Die Verunsicherung durch den Krieg in der Ukraine und die Folgen der Sanktionen gegen Russland beginnen die Industriekonjunktur in Österreich zu belasten. „Nach dem starken Start ins Jahr 2022 mit einem durchschnittlichen Wert von fast 60 Punkten im ersten Quartal ist der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im April auf 57,9 Punkte gefallen. Mit dem Rückgang um fast 1,5 Punkte gegenüber dem Vormonat liegt der Indikator auf einem 14-Monats-Tief“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Trotz des Rückgangs als Folge des Ukraine-Kriegs ist die österreichische Industrie auch zu Beginn des zweiten Quartals weiter auf Wachstumskurs. Wie in den meisten Ländern Europas verlangsamte sich zwar das Erholungstempo im April, die österreichische Industrie konnte sich jedoch etwas besser behaupten, denn sowohl im Euroraum als auch in Deutschland liegen die Einkaufsmanagerindizes mit 55,3 bzw. 54,1 Punkten tiefer.“
Das reduzierte Tempo der Industriekonjunktur im April spiegelt sich in einem Rückgang aller Komponenten des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex wider. „Im April haben die heimischen Betriebe die Produktionsausweitung im Vergleich zum Vormonat spürbar verringert, da sich das Neugeschäft weniger dynamisch zeigte. Somit wurde auch der Jobaufbau reduziert. Die Lieferengpässe haben sich erneut verschärft, was von einer rasanten Beschleunigung des Preisdrucks und einer weiteren Verlängerung der Lieferzeiten begleitet wurde“, fasst Bruckbauer die Ergebnisse der Umfrage vom April zusammen.
Neugeschäft aus dem Ausland ließ nach
Die heimischen Industriebetriebe konnten auch im April einen Anstieg der Neuaufträge im Vergleich zum Vormonat verbuchen. Das Tempo der Auftragseingänge hat sich jedoch leicht verringert, was ausschließlich auf das deutlich niedrigere Wachstum der Exportnachfrage zurückzuführen war. „Aufgrund der Verlangsamung des Neugeschäfts durch weniger Neuaufträge aus dem Ausland haben die heimischen Betriebe im April ihre Produktion deutlich geringer ausgeweitet als im Vormonat. Der Produktionsindex sank auf 52,6 Punktes und fiel damit sogar erstmals seit einem halben Jahr unter den langfristigen Durchschnittswert“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Personal- und vor allem die sich wieder verschärfenden Lieferprobleme sowie die stark gestiegenen Kosten im Einkauf bremsten die Expansion der Industrie ein, die auf unverändert stark zunehmende Auftragspölster zurückgreifen kann.
Weniger neue Jobs
Im April hat die österreichische Industrie bereits den 16. Monat in Folge neue Jobs geschaffen. Aufgrund der Verlangsamung der Produktionsausweitung wurde der Beschäftigtenaufbau jedoch reduziert. Der Beschäftigtenindex sank auf 57,8 Punkte, den niedrigsten Wert seit einem Jahr. „Mit über 630.000 Jobs erreichte die Beschäftigung in der heimischen Sachgüterindustrie im April ein neues Rekordniveau. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist auf 3,0 Prozent gesunken und liegt damit mittlerweile um 0,6 Prozentpunkte unter dem Vorpandemieniveau“, meint Pudschedl.
In der Gesamtwirtschaft war die Arbeitslosenquote mit über 6 Prozent dagegen mehr als doppelt so hoch. „In der Industrie wird das Arbeitskräfteangebot immer enger. Auf eine freie Stelle kommen rechnerisch in Österreich nur noch 1,3 Arbeitssuchende. Besonders dramatisch ist die Situation in Oberösterreich und Salzburg, wo die Stellenandrangziffer bereits unter 1 gefallen ist“, so Pudschedl.
Lieferprobleme nahmen wieder zu
Durch den Krieg in der Ukraine und den Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Teilen Chinas kam es zu schwerwiegenden Lieferunterbrechungen in der Industrie weltweit, die sich bei den heimischen Betrieben im April in einer überdurchschnittlich starken Verlängerung der Lieferzeiten niederschlugen. Viele Unternehmen versuchen sich gegen längere Lieferfristen zu wappnen, indem sie den Materialeinkauf über den aktuellen Bedarf hinaus erhöhen. Die Bestände in den Vormateriallagern nahmen zwar langsamer als im Vormonat, aber dennoch sehr stark zu, was jedoch auch auf vereinzelte Produktionsstopps durch fehlende Komponenten zurückzuführen war. Folglich nahmen auch die Bestände in den Fertigwarenlagern im April erstmals seit September ab.
Rekordanstieg der Verkaufspreise nach anhaltendem Kostenauftrieb
Angesichts der weiterhin starken Nachfrage verursachten die Liefer- und Transportprobleme einen erneut kräftigen Anstieg der Einkaufspreise. Mit 90,5 Punkten erreichte der entsprechende Index den höchsten Wert seit einem halben Jahr und lag damit nur noch knapp unter dem Allzeithoch vom Sommer 2021. „Der Preisdruck in der heimischen Industrie hat sich im April aufgrund des anhaltenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Vormaterialien und Rohstoffen, insbesondere Energie, sowie durch Transportengpässe stark erhöht. Der Kostenauftrieb schlug sich in einem Rekordanstieg der Verkaufspreise nieder. Noch nie seit Umfragebeginn vor mehr als 20 Jahren wurden die Abgabepreise so stark angehoben“, sagt Pudschedl. Der schnellere Anstieg der Verkaufspreise war über alle industriellen Hauptgruppen spürbar.
Kurzfristig noch gute Aussichten, aber längerfristig große Konjunktursorgen
Der aktuelle Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex signalisiert eine leichte Verschlechterung der Industriekonjunktur gegenüber dem Vormonat. Die Nachfrage insbesondere aus dem Ausland hat das Neugeschäft gedämpft und zu einer Verlangsamung der Produktionsausweitung geführt. Der Konjunkturaufschwung in der heimischen Industrie sollte sich jedoch unmittelbar noch fortsetzen, worauf das jüngst sogar etwas verbesserte Indexverhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen im Absatzlager hinweist. Mit den vorhandenen Lagerbeständen können die bestehenden Aufträge ohne weitere Steigerung der Produktion nicht erfüllt werden.
„Die heimische Industrie bleibt vorerst auf einem soliden Wachstumskurs. Allerdings hinterlassen die Pandemiemaßnahmen in Teilen Chinas und der Krieg in der Ukraine und deren Folgen auf Energiepreise und Lieferketten Bremsspuren. Nach dem scharfen Einbruch im Vormonat haben sich die Produktionserwartungen auf Jahresfrist im April zwar wieder etwas erholt, doch mit 52,6 Punkten liegt der Erwartungsindex deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt und signalisiert ein erhöhtes Risiko einer bevorstehenden Stagnation der heimischen Industrie“, so Bruckbauer abschließend.
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UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0)5 05 05-41957;
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