UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai:
Österreichische Industrie verliert weiter an Schwung
- UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Mai auf 56,6 Punkte
- Beschleunigung der Produktionsausweitung, um Auftragsrückstände aufzuarbeiten
- Erstmaliger Rückgang der Auftragseingänge seit fast zwei Jahren
- Beschäftigungsaufbau hält vorerst das hohe Tempo
- Lieferengpässe und Kostenauftrieb verringerten sich nur geringfügig gegenüber den Vormonaten
- Erneute Verschlechterung der Produktionserwartungen auf Jahressicht unterstreicht zunehmendes Risiko einer Stagnation in der Industrie
Die Industriekonjunktur in Österreich trübt sich weiter ein. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Mai auf 56,6 Punkte, den niedrigsten Wert seit 16 Monaten. Die österreichische Industrie liegt damit weiter auf Wachstumskurs, trotz der Belastungen durch die Verschärfung der Lieferengpässe und des hohen Kostenauftriebs infolge des Kriegs in der Ukraine und der Pandemiemaßnahmen in China“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Gegenüber dem Jahresbeginn hat die heimische Industrie jedoch entsprechend dem internationalen Trend deutlich an Schwung verloren. Während sich im Nachbarland Deutschland das Wachstumstempo stabilisiert hat, verlangsamte sich in den meisten Ländern Europas im Mai das Wachstumstempo. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für den Euroraum ist um über einen Punkt auf 54,4 Punkte gesunken und erreicht damit nur noch den niedrigsten Wert seit 20 Monaten.“
Die jüngste Entwicklung des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex war von einem Rückgang der meisten Komponenten gekennzeichnet. „Im Mai haben die heimischen Betriebe die Produktion zwar etwas stärker ausgeweitet als im Vormonat, um Auftragsrückstände aufzuarbeiten, doch die Auftragseingänge sind erstmals seit fast zwei Jahren zurückgegangen. Während sich das Tempo des Jobaufbaus stabilisiert hat, belastete die erneute Verschärfung der Lieferengpässe. Die Lieferzeiten verlängerten sich und die Preise stiegen weiter – wenn auch mit etwas geringerem Tempo als in den Vormonaten“, meint Bruckbauer.
Weniger neue Aufträge
Erstmals seit fast zwei Jahren konnten die heimischen Industriebetriebe im Mai keinen weiteren Anstieg der Neuaufträge im Vergleich zum Vormonat verbuchen. Vor allem der Rückgang der Exportnachfrage war für die negative Auftragsentwicklung bestimmend. Der Index der Exportaufträge sank um mehr als 4 Punkte auf nur noch 48,3 Punkte und erreichte damit den niedrigsten Wert seit Juni 2020, als sich die österreichische Industrie im ersten pandemiebedingten Lockdown befand. „Trotz des Rückgang des Neugeschäfts im Mai haben die heimischen Betriebe ihre Produktion etwas stärker ausgeweitet als im Vormonat. Der Produktionsindex stieg auf 53,6 Punkte und übertraf damit wieder den langjährigen Durchschnittswert“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Die Produktionsausweitung im Mai ist nicht als Umkehr des rückläufigen Trends im Produktionswachstum der vergangenen Monate zu interpretieren, sondern als Blick in den Rückspiegel, da nur die Abarbeitung der hohen Auftragsrückstände dafür verantwortlich war.“
Nachholbedarf hält Tempo des Jobaufbaus hoch
Die österreichische Industrie hat im Mai mit unverändert hohem Tempo neues Personal eingestellt. Angesichts der guten Auftragsentwicklung der vergangenen Monate und der gestiegenen Auftragsrückstände sowie der noch andauernden Ausweitung der Produktion besteht ein großer Nachholbedarf bei der Anpassung der Personalkapazitäten an die Produktionserfordernisse. „Die Beschäftigung in der Herstellung von Waren hat mit über 630.000 ein neues Rekordniveau erreicht. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in der Industrie beträgt nur noch 3,0 Prozent und liegt damit so tief wie zuletzt 2008 vor Ausbruch der Finanzkrise“, meint Pudschedl.
In der Gesamtwirtschaft ist die Arbeitslosenquote mit über 6 Prozent dagegen mehr als doppelt so hoch. „In der Industrie wird das Arbeitskräfteangebot immer enger. Auf eine freie Stelle kommen rechnerisch in Österreich nur noch 1,2 Arbeitssuchende. Besonders dramatisch ist die Situation im Maschinenbau, in der Elektronik- und Holzindustrie, dem sonstigen Fahrzeugbau und der Herstellung von Möbel. In diesen Branchen ist die Stellenandrangziffer bereits unter 1 gefallen“, so Pudschedl.
Materialknappheit erschwert Lagermanagement
Trotz des Rückgangs des Neugeschäfts haben die heimischen Industriebetriebe im Mai ihre Bestellmengen an Rohstoffen und Vormaterialien deutlich erhöht, um mit höheren Lagerbeständen für Materialengpässe bei weiter steigenden Lieferverzögerungen gerüstet zu sein. Die Bestände in den Vormateriallagern nahmen rascher zu als im Vormonat, was zum Teil auf einen etwas verlangsamten Anstieg der Lieferzeiten im Mai zurückzuführen war. Allerdings sorgten auch Produktionsstopps aufgrund des Fehlens einzelner Komponenten für vollere Vormateriallager. Die Bestände in den Fertigwarenlagern stiegen nach dem Rückgang im Vormonat im Mai dennoch wieder an, was ein erstes Signal einer zurückhaltenderen Kundennachfrage sein könnte.
Preisauftrieb belastet Nachfrage
Die andauernden Liefer- und Transportprobleme, verschärft durch den Krieg in der Ukraine, haben erneut einen deutlichen Anstieg der Einkaufspreise für Rohstoffe und Vormaterialien verursacht. Der Kostenauftrieb hat sich im Mai nur geringfügig gegenüber dem Vormonat verringert. „Im Gleichschritt mit den Einkaufspreisen hat sich auch die Preisdynamik im Verkauf im Mai etwas verringert. Angesichts einer sich etwas abschwächenden Nachfrage konnten die Betriebe die gestiegenen Kosten nicht vollständig über höhere Verkaufspreise an die Kunden weitergeben. Insgesamt haben die unterschiedlichen Preistrends im Mai die Ertragslage in der heimischen Industrie im Durchschnitt verschlechtert“, meint Pudschedl.
Konjunktursorgen nehmen zu
Der aktuelle Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex signalisiert nach dem starken Jahresbeginn eine weitere Eintrübung der Industriekonjunktur. Die insbesondere aus dem Ausland schwächere Nachfrage hat zu einem Rückgang der Anzahl der neuen Aufträge für die heimische Industrie geführt. Erstmals seit fast zwei Jahren ist das Indexverhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen im Absatzlager in jenen Bereich gesunken, der eine unmittelbare Fortsetzung des Aufschwungs in Frage stellt, denn mit den vorhandenen Lagerbeständen können die eingelangten Aufträge ohne eine Steigerung der Produktion erfüllt werden.
„In den kommenden Monaten dürften die hohen Auftragsrückstände den bereits spürbaren Nachfragerückgang noch abfedern, so dass die heimische Industrie vorerst noch auf Wachstumskurs bleiben dürfte. Doch die Probleme in den Lieferketten und die gestiegenen Rohstoffpreise hinterlassen immer stärkere Bremsspuren. Die Produktionserwartungen auf Jahresfrist sind im Mai angesichts der Diskussionen über ein Öl- und Gasembargo mit 50,3 Punkten auf den tiefsten Wert seit dem Frühjahr 2020 gesunken, als die erste Welle der Corona-Pandemie die österreichische Industrie erfasst hatte. Der Erwartungsindex zeigt damit nach der leichten Erholung im Vormonat wieder ein stark erhöhtes Risiko einer bevorstehenden Stagnation der heimischen Industrie an“, so Bruckbauer abschließend.
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