14.10.2022

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator:
Rasches Ende des Konjunkturaufschwungs in Österreich

  • UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator sinkt im September auf minus 3,0 Punkte und befindet sich damit den dritten Monat in Folge im negativen Bereich
  • Nach dem höchsten Wirtschaftswachstum seit 40 Jahren von 5,3 Prozent im Jahr 2022 stagniert die österreichische Wirtschaft 2023 voraussichtlich mit einem leichten Plus des BIP von nur noch 0,4 Prozent
  • Einer milden Winterrezession folgend wird eine moderate Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 dank Entspannung der Inflation und abnehmender Lieferstörungen erwartet 
  • Teuerung sinkt nur langsam: Inflation auch 2023 mit durchschnittlich 5,5 Prozent hoch, nach 8,3 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022 
  • Arbeitsmarkt trotzt der Konjunkturabkühlung: Arbeitslosenquote dürfte sich 2023 bei durchschnittlich 6,3 Prozent stabilisieren 
  • EZB wird rasch und noch stärker nachlegen: Höhepunkt des Refinanzierungssatzes bei 2,75 Prozent und des Einlagensatzes bei 2,25 Prozent ab Frühjahr 2023 erwartet 

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator Österreich

Nach der schrittweisen Abkühlung der Konjunktur in den vergangenen Monaten kündigt sich mittlerweile ein abruptes Ende des Wirtschaftsaufschwung der vergangenen zwei Jahre an. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im September auf minus 3,0 Punkte gesunken. Auf die ersten Rückgänge nach den Höchstständen Mitte 2021 folgte mit Beginn des Kriegs in der Ukraine im Februar 2022 ein deutlicher Einbruch. Mit der Verschärfung der Energiekrise liegt der Indikator nun bereits den dritten Monat in Folge im negativen Bereich und signalisiert damit eine Unterbrechung des Wirtschaftswachstums in Österreich“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Im dritten Quartal 2022 hat der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator durchschnittlich einen Wert von minus 2,3 Punkten erreicht. 

„Für das gerade abgelaufene dritte Quartal zeichnet der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator nach den kräftigen Wachstumsraten im ersten Halbjahr einen deutlichen Konjunktureinbruch vor. Wir gehen von einer Stagnation der österreichischen Wirtschaft in den vergangenen drei Monaten aus und sehen durch die aktuellen Entwicklungen unsere Einschätzung einer bevorstehenden milden Rezession bestätigt. Für den Winter kündigt sich damit eine zumindest leicht rückläufige Wirtschaftsentwicklung in Österreich an“, so Bruckbauer. 

Stimmungsverschlechterung in allen Wirtschaftsbereichen
Alle Komponenten des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators weisen im September auf eine beschleunigte Eintrübung der Konjunktur hin. „Während sich die Probleme in den Lieferketten nur langsam entspannen, belasten die hohen Energiepreise als Folge des Kriegs in der Ukraine die österreichischen Unternehmen und Konsument:innen zu Beginn des Herbsts immer stärker. Die Konjunktur in den Produktionssektoren zeigt bereits seit dem Frühjahr klare Ermüdungserscheinungen. Nun lässt auch die Stimmung in den Dienstleistungssektoren spürbar nach, die über den Sommer noch stark von Nachholeffekten profitiert hatte“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Für den Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren ist aktuell hauptsächlich die abrupte Verschlechterung der Stimmung im Dienstleistungssektor verantwortlich. Die Sorgen über die stark steigenden Kosten und eine durch höhere Lebenshaltungskosten beeinträchtigte Konsumnachfrage schlagen sich hier deutlich nieder.“ 

Höchster BIP-Anstieg seit 40 Jahren – vorsichtiger Optimismus nach milder Winterrezession
Das dritte Quartal 2022 war in Österreich bereits von ersten rezessiven Tendenzen in der Industrie und am Bau geprägt. Ein Wachstum der Dienstleistungen, vor allem im Tourismus, konnte diesen Rückgang voraussichtlich noch etwas kompensieren. Nach dem Stillstand der Gesamtwirtschaft in den vergangenen Monaten belasten die großen Herausforderungen durch die Energiekrise die weiteren Aussichten noch stärker. 

„Wir gehen davon aus, dass die österreichische Wirtschaft mit Beginn des Herbsts bereits in eine Rezession gerutscht ist, die über den Winter anhalten wird. Trotz der ungünstigen Aussichten wird Österreich aufgrund einer sehr starken ersten Jahreshälfte im Gesamtjahr 2022 ein hohes Wirtschaftswachstum von rund 5 Prozent erreichen können. Damit wird das kräftige Wachstum aus dem ersten Erholungsjahr aus der Pandemie 2021 noch übertroffen und voraussichtlich sogar der höchste BIP-Anstieg seit über 40 Jahren verzeichnet werden können“, meint Pudschedl. 
Der Start ins Jahr 2023 erfolgt für die österreichische Wirtschaft unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen, die ein Andauern der Rezession bis ins Frühjahr wahrscheinlich machen. Die hohen Energiepreise, die sich immer stärker in den allgemeinen Verbraucherpreisen niederschlagen und Zweitrundeneffekte auslösen, werden trotz staatlicher Unterstützungsmaßnahmen bei vielen Haushalten zu realen Einkommensverlusten führen. Daher ist mit einem Rückgang der Konsumnachfrage in den ersten Monaten des Jahres 2023 zu rechnen. 

Auch die Investitionsbereitschaft wird Anfangs 2023 aufgrund der hohen Unsicherheit über die weiteren Konjunkturaussichten sehr verhalten sein. Insbesondere in der Industrie wird die Investitionsnachfrage durch die Abschwächung der internationalen Konjunktur und der Stornierung bzw. Aufschiebung von Exportaufträgen gedämpft, zumal die besonders hohen Energiekosten in Europa die globale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. 

„Mit der langsamen Entspannung der Preisdynamik sollte nach dem Winter eine Erholung der Konsum- und Investitionsnachfrage einsetzen, welche die Rezession in Österreich beendet. Wir sind optimistisch, dass in der zweiten Jahreshälfte die Rückkehr auf einen, wenn auch verhaltenen, Wachstumspfad erfolgen wird. Mit einem Anstieg des BIP um 0,4 Prozent wird nach dem schlechten Start die österreichische Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 jedoch praktisch stagnieren“, erwartet Pudschedl. 

Arbeitsmarkt spürt Konjunkturabkühlung, hält sich aber gut 
Im Zuge der starken Erholung der Wirtschaft in der ersten Jahreshälfte hat sich die Lage am österreichischen Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Nach durchschnittlich 8 Prozent 2021 sank die saisonbereinigte Arbeitslosenquote bis zur Jahresmitte auf 6,2 Prozent. Mit der Abkühlung der Konjunktur hat eine Trendwende eingesetzt. Im September betrug die Arbeitslosenquote bereits 6,4 Prozent. „Wir erwarten, dass der österreichische Arbeitsmarkt der Konjunkturabkühlung mit der milden Rezession im Winter gut standhalten kann. Nach dem Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,3 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022 erwarten wir für 2023 eine Stabilisierung auf diesem Niveau, da das enge Angebot am Arbeitsmarkt eine zurückhaltende Anpassung der Personalkapazitäten an die Produktion unterstützen sollte“, meint Pudschedl. 

Inflation bleibt vorerst im Aufwärtstrend, spürbare Entspannung ab Frühjahr erwartet
Die Energiepreise, vor allem Gas und Strom prägen weiterhin den Anstieg der Inflation. Für die kommenden Monate ist mit verstärkten Zweitrundeneffekten auf die Verbraucherpreise zu rechnen, die die Teuerung bis über den Winter im zweistelligen Bereich halten könnten. „Im Jahresdurchschnitt 2022 gehen wir weiterhin von einer Teuerung von 8,3 Prozent aus. Der Inflationsauftrieb wird sich nach dem Winter verlangsamen, die Teuerung bleibt aber hoch mit durchschnittlich zumindest 5,5 Prozent im Jahr 2023. Erst im letzten Jahresdrittel ist eine spürbare Entspannung auf Basis eines dämpfenden Einflusses der Preise für (Energie-)Rohstoffe, nachlassenden Lieferstörungen und der geringeren Nachfrage zu erwarten“, meint Bruckbauer. 

Übertreibt die EZB?
Mit etwa 3 Prozent im Jahresvergleich wird die Inflation in Österreich Ende 2023 weiterhin klar über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank liegen. Aus Sorge, dass sich die hohe Inflation verfestigen könnte, ist die EZB in den vergangenen Monaten mit Zinsanhebungen aktiv geworden. Zudem verschafft die gute Lage auf den Arbeitsmärkten den nötigen Spielraum, um die Geldpolitik aggressiv bis in den restriktiven Bereich zu straffen. 

„Wir gehen davon aus, dass die Straffung der Geldpolitik im ersten Quartal 2023 ihren Höhepunkt erreichen wird und die EZB ihre Zinserhöhungen bei 2,75 Prozent für den Refinanzierungssatz bzw. 2,25 Prozent für den Einlagenzinssatz beenden wird“, so Bruckbauer und ergänzt: „Da die längerfristigen Inflationserwartungen bisher in einem vertretbaren Rahmen geblieben sind, übertreibt die EZB nach unserer Einschätzung die geldpolitische Verschärfung. Da die EZB der Inflationsbekämpfung offenbar Vorrang vor dem Wirtschaftswachstum einräumt, verschärfen sich die Konjunkturrisiken damit noch stärker nach unten.“ 

Rückfragen
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria 
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at

Österreich Konjunkturprogonose
  
   UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator