UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Oktober:
Abkühlung der Industriekonjunktur in Österreich beschleunigte sich
- Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Oktober auf 46,6 Punkte und lag damit den dritten Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle
- Österreichs Betriebe reduzierten im Oktober die Produktionsleistung stärker als im Vormonat, der Rückgang der Auftragseingänge aus dem In- und Ausland beschleunigte sich
- Das Tempo des Jobaufbaus stieg im Oktober dagegen erneut leicht an, um freie Stellen nachzubesetzen
- Der Kostenauftrieb verlangsamte sich, die Anhebung der Verkaufspreise dagegen kaum
- Trotz stark verringerter Einkaufsmenge stiegen die Lagerbestände an Vormaterialien und trotz Produktionskürzungen nahmen die Bestände in den Fertigwarenlagern im Oktober zu
- Deutlicher Einbruch der kurzfristigen Aussichten, doch der nur minimale Rückgang der Produktionserwartungen auf Jahressicht stützt die Annahme einer nur kurzen Rezession in der Industrie
Die Talfahrt der österreichischen Industrie setzte sich zu Beginn des Schlussquartals 2022 weiter fort. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Oktober auf 46,6 Punkte. Damit unterschritt der Indikator den dritten Monat in Folge die Wachstumsschwelle von 50 Punkten und signalisierte zudem gegenüber dem Vormonat eine Beschleunigung der Konjunkturverschlechterung in der österreichischen Industrie“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Damit haben sich die Anzeichen deutlich verstärkt, dass die heimische Industrie bereits in eine Rezession geschlittert ist. „Die Betriebe haben im Oktober die Produktion etwas stärker verringert als im Vormonat, da das Neugeschäft weiter eingebrochen ist. Die Einkaufsmenge wurde deutlich reduziert, dennoch erhöhten sich die Lagerbestände an Vormaterialien. Aufgrund der schwachen Nachfrage nahmen auch die Bestände in den Verkaufslagern zu, jedoch verlangsamte sich der Kostenauftrieb. Die Anhebung der Verkaufspreise ließ nur wenig nach. Lichtblick bleibt die noch anhaltende positive Beschäftigungsentwicklung“, so Bruckbauer.
Der Abwärtstrend in der österreichischen Industrie verläuft in gleichem Tempo wie auf gesamteuropäischer Ebene. „Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die Industrie des Euroraums ist im Oktober ebenfalls auf 46,6 Punkte gesunken. Im Vergleich zur europäischen Entwicklung zeigte sich in Österreichs Industrie im Oktober jedoch ein etwas stärkerer Einbruch der Nachfrage, insbesondere aus dem Ausland. Dagegen war die Lage am Arbeitsmarkt klar besser als im Euroraum. Im Detail lag das österreichische Umfrageergebnis damit näher an jenem in Deutschland, das jedoch insgesamt mit einem Rückgang des Einkaufsmanagerindex auf 45,7 Punkte eine etwas stärkere Verlangsamung der Industriekonjunktur als in Österreich signalisiert“, meint Bruckbauer.
Einbruch der Nachfrage
Der stärkste negative Einfluss auf den aktuellen UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ging im Oktober von der sehr ungünstigen Entwicklung des Neugeschäfts aus. Den sechsten Monat in Folge mussten die heimischen Betriebe einen Rückgang der Neuaufträge verbuchen. Der Index für die Auftragseingänge sank auf 32,9 Punkte, den niedrigsten Wert seit Mai 2020.
„Angesichts der deutlich schwächeren Nachfrage aus dem In- und Ausland haben die österreichischen Industriebetriebe im Oktober erneut ihre Produktion gegenüber dem Vormonat zurückgefahren. Der fünfte Produktionsrückgang in Folge fiel zudem stärker aus als im Vormonat, da der Einbruch im Neugeschäft mittlerweile nur noch teilweise durch die Aufarbeitung von Auftragsrückständen abgefedert werden kann. Der Produktionsindex sank auf 45,1 Punkte und blieb damit deutlich unter dem Niveau, das Wachstum signalisiert“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Von Nachfrageabschwächung überrascht
Auf die starke Abschwächung der Nachfrage haben die heimischen Betriebe mit einer deutlichen Reduktion der Einkaufsmenge an Vormaterialien und Rohstoffen reagiert. Der entsprechende Index sank auf 40,8 Punkte, den niedrigsten Wert seit dem Höhepunkt der Coronakrise. „Die heimischen Unternehmen dürften vom Ausmaß des Nachfragerückgangs etwas überrascht worden sein. Die Anpassung an die geringeren Produktionserfordernisse erfolgte so verhalten, dass die Lagerbestände an Vormaterialien im Oktober zunahmen, sogar stärker als im Vormonat. Auch die Bestände in den Fertigwarenlagern stiegen weiter an, da die zunehmende Ausgabenzurückhaltung der Kunden aufgrund von Rezessionsängsten öfters zur Stornierung bzw. Aufschiebung von Aufträgen führte“, meint Pudschedl. Allerdings haben einige Unternehmen die Lagerbestände aus Vorsicht erhöht, um Produktionsengpässe aufgrund von Lieferverzögerungen zu verhindern.
Kostenauftrieb hat sich etwas eingebremst
Die Lieferprobleme haben sich aufgrund der deutlich geringeren Nachfrage jedoch mittlerweile spürbar entspannt. Im Oktober verlängerten sich die Lieferzeiten in der österreichischen Industrie im geringsten Ausmaß seit zwei Jahren. „Die Kostendynamik im Einkauf verlangsamte sich, war jedoch aufgrund des kaum verringerten angebotsseitigen Drucks durch die Energiepreise weiterhin überdurchschnittlich hoch. Auch die Abgabepreise wurden überdurchschnittlich stark angehoben, aber ebenfalls mit etwas geringerem Tempo als im Vormonat“, meint Pudschedl und ergänzt: „Die heimischen Industriebetriebe konnten erneut den Kostenanstieg im Durchschnitt nicht in vollem Umfang an ihre Kunden weitergeben, sodass sich tendenziell durch die Preistrends die Ertragslage verschlechtert haben dürfte, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie in den vergangenen zwei Jahren.“
Nachholbedarf an Arbeitskräften
Trotz der abnehmenden Nachfrage nahm die Beschäftigung in der heimischen Industrie weiter zu und stieg sogar mit höherem Tempo als im Vormonat. Der Beschäftigtenindex kletterte im Oktober auf 56,2 Punkte. Während der sehr dynamischen Aufschwungsphase nach dem Höhepunkt der Coronakrise im Frühjahr 2020 konnte der steigende Bedarf an Arbeitskräften nicht rasch genug gedeckt werden, so dass trotz bereits laufender Anpassung der Produktionskapazitäten an die nachlassende Nachfrage noch immer ein Nachholbedarf besteht.
Die weiterhin hohe Nachfrage verschärfte den Mangel an Arbeitskräften in der österreichischen Industrie weiter. Zu Beginn des vierten Quartals gab es knapp 15.000 offene Stellen in der heimischen Sachgütererzeugung. Dem standen nicht ganz 20.000 Arbeitssuchende gegenüber. Damit kamen im Österreichdurchschnitt 1,4 Arbeitssuchende auf eine offene Stelle. Insbesondere in Salzburg, Oberösterreich und Tirol war der Arbeitskräftemangel mit einer Stellenandrangziffer von unter 1 besonders groß. Bei einer Arbeitslosenquote von 3 Prozent besteht in der heimischen Industrie derzeit praktisch Vollbeschäftigung“, meint Pudschedl.
Nach durchschnittlich 4 Prozent im Jahr 2021 wird sich nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria die Arbeitslosenquote im Jahr 2022 auf knapp über 3 Prozent in der heimischen Industrie verringern. Damit wird die Arbeitslosenquote deutlich geringer als vor Ausbruch der Coronakrise sein und nicht einmal halb so hoch wie in der Gesamtwirtschaft mit 6,3 Prozent. Während in Oberösterreich und in Tirol eine Arbeitslosenquote in der regionalen Sachgütererzeugung von knapp über 2 Prozent für 2022 erwartet werden kann, wird in Wien mit etwa 6,5 Prozent weiterhin der höchste Wert erreicht werden.
Industrie bereits in der Rezession
Mit Beginn des vierten Quartals hat sich der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex gegenüber dem Vormonat auf 46,6 Punkte verschlechtert und liegt damit nun klar unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Insbesondere die stark sinkenden Auftragseingänge aus dem In- und Ausland dämpfen die Aussichten für die österreichischen Industriebetriebe, die bereits den fünften Monat in Folge mehrheitlich angaben, ihre Produktion im Vergleich zum Vormonat gekürzt zu haben. Das Auftrags-Lager-Verhältnis verschlechterte sich im Oktober erneut und macht weiter klar, dass bei aktuellem Befüllungsstand der Verkaufslager die wenigeren Aufträge auch mit geringeren Produktionskapazitäten erfüllt werden können. Die Produktion dürfte somit in den kommenden Monaten weiter sinken, voraussichtlich sogar mit höherem Tempo als bisher.
Der Pessimismus in der österreichischen Industrie hat sich zu Beginn des vierten Quartals deutlich erhöht. „Die steigenden Einkaufspreise insbesondere für Energie, höhere Finanzierungskosten und die nachlassende Nachfrage haben die Geschäftsaussichten auf Jahresfrist wieder verringert und auf den niedrigsten Wert seit dem Höhepunkt der Coronakrise im Frühjahr 2020 gesenkt. Der Erwartungsindex nahm jedoch nur geringfügig auf 36,2 Punkte ab“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Die heimische Industrie ist zwar offensichtlich bereits in eine Rezession eingetreten. Die weitgehende Stabilisierung der Geschäftserwartungen, der widerstandsfähige Arbeitsmarkt, die Entspannung der Lieferprobleme und die Aussicht auf eine schrittweise Beruhigung der Kostendynamik stützen unsere Annahme einer nur relativ kurzen und milden Schwächephase der österreichischen Industrie über den Winter.“
Nach einem Anstieg der Industrieproduktion aufgrund der starken ersten Jahreshälfte um bis zu 5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria, unter der Annahme keiner weiteren geopolitischen Eskalation, bedingt durch einen schwachen Start eine Stagnation der heimischen Industrie im Gesamtjahr 2023.
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