UniCredit Bank Austria volkswirtschaftliche Bundesländeranalyse 2022:
Trotz multipler Krisen: Starkes Wirtschaftswachstum in allen Bundesländern
- 2022 legte die Wirtschaft in allen Bundesländern um zumindest um 3,5 Prozent zu
- Die Wintertourismushochburgen Tirol und Salzburg zeigten mit über 7,5 Prozent das stärkste Wachstum
- Auch die Industrieländer Steiermark und Oberösterreich erreichten jedoch einen soliden Aufwärtstrend
- Dynamische Bauwirtschaft in Vorarlberg und im Burgenland
- Die Verkehrswirtschaft und die unternehmensnahen Dienstleistungen waren wichtige Wachstumsstützen in allen Bundesländern
- Die Übernachtungen lagen heuer nur knapp 10 Prozent unter dem Rekordwert aus dem Jahr 2019
- Die Bundeshauptstadt Wien rangierte 2022 beim Beschäftigungswachstum im Spitzenfeld
- Alle Bundesländer verzeichneten das zweite Jahr in Folge einen starken Rückgang der Arbeitslosenquote
Das Jahr 2022 war von einer außerordentlich dynamischen Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr gekennzeichnet. Das Wirtschaftswachstum lag in diesem Zeitraum bei real 7,5 Prozent österreichweit. Hauptverantwortlich für den starken Anstieg in den ersten sechs Monaten war vor allem der Wintertourismus, der von den gelockerten Coronamaßnahmen profitierte, während die Wintersaison 2020/21 aufgrund der Lockdowns ein de facto Totalausfall bei den Übernachtungen war. Neben dem Tourismus waren die Industrie und in deren Windschatten die unternehmensnahen Dienstleistungen mit einem Wachstum von über 5 Prozent wichtige Treiber in der ersten Jahreshälfte. Aufgrund der hohen Energiepreise in Folge des Krieges in der Ukraine verlangsamte sich das Wachstumstempo im zweiten Halbjahr 2022 deutlich, wovon die Bundesländer mit hohem Industrieanteil stärker betroffen waren.
„Das heurige Jahr war vor allem in der ersten Jahreshälfte von einem sowohl regional als auch sektoral breit aufgestelltem Wachstum gekennzeichnet“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Wachstumskaiser waren heuer die Wintertourismushochburgen im Westen, während in der zweiten Jahreshälfte speziell die industrielastigen Regionen den Gegenwind aufgrund der hohen Energiepreise spürten.“ Im Gesamtjahr 2022 dürften alle Bundesländer ein Wachstum von deutlich über 3 Prozent erreichen.
Wintertourismus als Wachstumsschub für die Tourismusregionen
In der Wintersaison 2020/21 bewirkten die Corona-Maßnahmen einen de facto Totalausfall bei den Übernachtungen. Die Lockerungen führten im vergangenen Winter zu einer starken Gegenbewegung, wovon vor allem die Tourismushochburgen im Westen profitieren konnten. „Tirol und Salzburg dürften heuer mit 7,9 bzw. 7,5 Prozent gewachsen sein und führen damit das Bundesländerranking an“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Robert Schwarz. Die Bundesländer Kärnten (+7,1 Prozent) und das Burgenland (+ 5,5 Prozent) konnten heuer, zusätzlich zum Tourismus gestützt auf eine gute Industrie- bzw. Baukonjunktur, ebenfalls ein deutlich überdurchschnittliches Wachstum verzeichnen. Aufgrund der geringen Bedeutung des Tourismus bilden Oberösterreich und die Steiermark trotz eines robusten Wachstums von 3,7 bzw. 3,6 Prozent das Schlusslicht. Dazwischen liegen Vorarlberg (+5,1 Prozent), Niederösterreich (+4,2 Prozent) und die Bundeshauptstadt Wien (+4,1 Prozent), die heuer voraussichtlich im Bereich des bundesweiten Durchschnitts von 4,8 Prozent gewachsen sind.
Zwei verschiedene Halbzeiten in der Industrie
In der ersten Jahreshälfte 2022 verzeichnete der produzierende Bereich – Industrie plus Wasser- und Energieversorgung – eine hohe Dynamik mit einem Wachstum von 6 Prozent. Die globalen Risiken verbunden mit den hohen Energiepreisen führten im zweiten Halbjahr zu einer deutlichen Verlangsamung der Industriekonjunktur. Kärnten und Salzburg mit zwei wichtigen Global Playern der Elektronik- bzw. Getränkeindustrie verzeichneten heuer den größten Wertschöpfungsanstieg in der Industrie. Die Wiener Industrie hingegen musste im selben Zeitraum einen Rückgang der Wertschöpfung hinnehmen.
„Aufgrund der guten globalen Konjunktur vor allem im ersten Halbjahr und der stark steigenden Preise erwarten wir für 2022 einen Anstieg der Warenexporte um 15 Prozent auf 190 Milliarden Euro“, sagt Schwarz und ergänzt: „die größte Exportdynamik dürften heuer Niederösterreich und das Burgenland verzeichnet haben.“ In beiden Ländern ist der Anteil der Mineralölexporte, deren Preise gegenüber dem Vorjahr kräftig gestiegen sind, an den gesamten regionalen Ausfuhren im Bundesländervergleich am größten.
Nur leichtes Wertschöpfungsplus der Bauwirtschaft
Die stark steigenden Preise belasten auch die Bauwirtschaft. Die Bankökonomen erwarten für heuer nur eine leichtes Wertschöpfungsplus. Am dynamischsten entwickelte sich die Baukonjunktur in Vorarlberg und im Burgenland. Wien und Tirol hingegeben verzeichneten einen Rückgang der Bauleistung.
Gute Dienstleistungskonjunktur bekommt die stärksten Impulse vom Tourismus
Aufgrund des starken Wertschöpfungsplus im Bereich Beherbergung/Gastronomie stieg heuer die Wertschöpfung des Dienstleistungssektors real um knapp 6 Prozent. Neben dem Tourismus waren die Transportwirtschaft, Erbringung von technischen und wirtschaftlichen Dienstleistungen und die Informationstechnologie die wichtigsten Wachstumsstützen im tertiären Bereich. Wenig überraschend wiesen 2022 die Tourismusländer Tirol und Salzburg das größte Wertschöpfungsplus im tertiären Sektor auf. In allen Bundesländern wuchs der Dienstleistungssektor zumindest um 4,5 Prozent.
Arbeitslosenquote fällt in manchen Bundesländern auf ein historisches Tief
Das zweite Jahr in Folge sanken heuer die durchschnittlichen Arbeitslosenquoten. „Angeführt vom Tourismus vermelden heuer alle Bundesländer einen starken Rückgang der Arbeitslosigkeit“, sagt Ökonom Schwarz und ergänzt: „In manchen Regionen fällt die Arbeitslosenquote auf den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten.“ In allen Bundesländern gibt es neben dem Tourismus im Handel und bei der Erbringung von technischen und wirtschaftlichen Dienstleistung eine kräftige Reduktion der Arbeitslosenzahl. Die niedrigste Arbeitslosenquote im Gesamtjahr 2022 wird das Salzburger Land mit 3,7 Prozent aufweisen, während Wien weiterhin mit 10,6 Prozent die mit Abstand größte Quote verzeichnen wird.
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