28.12.2022

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Dezember:
Der Abschwung der österreichischen Industrie verliert an Tempo

  • Stabilisierung der Industriekonjunktur: Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex stieg im Dezember geringfügig auf 47,3 Punkte, liegt damit jedoch den fünften Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle
  • Die Entspannung der Lieferengpässe verlangsamte den Rückgang der Produktionsleistung im Dezember trotz des weiter stark sinkenden Neugeschäfts
  • Der starke Einbruch der Nachfrage bremste den Kostenauftrieb und auch der Anstieg der Verkaufspreise verlangsamte sich deutlich gegenüber den Vormonaten
  • Geringster Anstieg der Lieferzeiten seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 
  • Das Tempo des Jobaufbaus stieg im Dezember leicht an, da freie Stellen nachbesetzt wurden
  • Die Stabilisierung der kurzfristigen Aussichten und der Produktionserwartungen auf Jahressicht signalisiert eine leichte Entschärfung der Rezession in der Industrie zum Jahreswechsel 2022/23 

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex

Die Talfahrt der österreichischen Industrie hat sich gegen Ende 2022 verlangsamt. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex zeigte im Dezember erstmals seit einem halben Jahr eine leichte Aufwärtstendenz und stieg um 0,7 Punkte gegenüber dem Vormonat auf 47,3 Punkte. Damit signalisiert der Indikator eine Verringerung des Abschwungtempos in der heimischen Industrie und sendet erste Anzeichen einer Stabilisierung der Industriekonjunktur nach dem deutlichen Einbruch in der zweiten Jahreshälfte 2022“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Der Anstieg des Indikators reichte jedoch nicht aus, um die Wachstumsschwelle von 50 Punkten zu übertreffen. Damit lag der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex nunmehr den fünften Monat in Folge unterhalb der Punktegrenze, ab der Wachstum in der Industrie angezeigt wird. 

Die Dezember-Umfrage lieferte erste Anzeichen, dass die Rezession in der österreichischen Industrie sich zu entschärfen beginnt. „Die heimischen Industriebetriebe waren im Dezember erneut mit einem starken Einbruch des Neugeschäfts konfrontiert. Mit der nachlassenden Nachfrage verringerten sich jedoch die Lieferprobleme, was sowohl die Produktionsleistung stützte als auch zu einer deutlichen Abschwächung der Preisdynamik beitrug. Zudem sorgte die Nachbesetzung von freien Stellen weiter für eine positive Beschäftigungsentwicklung“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage zusammen. 

Anhaltende Nachfrageschwäche
Für die rückläufige Entwicklung der heimischen Industrie waren erneut die massiven Einbußen im Neugeschäft hauptverantwortlich. Insbesondere die Aufträge aus dem Ausland blieben im Dezember weiter aus. Die hohen Preise, die gut gefüllten Lager der Kunden und deren niedrige Ausgabenbereitschaft sowie die generelle Abschwächung der globalen Konjunktur waren die Hauptgründe für die geringere Nachfrage nach „Made in Austria“. Immerhin fiel der Auftragsrückgang mit einem Anstieg des Index auf 38,3 Punkte nicht mehr ganz so gravierend aus wie im Vormonat.

„Angesichts des nachlassenden Auftragsrückgangs haben die heimischen Betriebe im Dezember auch die Produktionsleistung weniger stark zurückgefahren als zuletzt. Der Produktionsindex stieg auf 48,1 Punkte und lag damit deutlich höher als jener der Auftragseingänge. Durch die Entspannung der Lieferprobleme konnten bestehende Auftragsrückstände erfüllt werden“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Bei sinkendem Neugeschäft und der Aufarbeitung von Rückständen haben sich die Auftragsbestände in der Industrie deutlich verringert. Die Lieferzeiten haben sich im Dezember daher in so geringem Ausmaß verlängert, wie zuletzt kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. 

Weniger Nachfrage, höhere Lagerbestände
Aufgrund der stark nachlassenden Nachfrage und rückläufiger Auftragsabrufe seitens der Kunden kam es im Dezember, den achten Monat in Folge, zu einem Anstieg der Bestände in den Fertigwarenlagern. Mit 51,2 Punkten weist der entsprechende Index allerdings auf den geringsten Lageraufbau in dieser Zeitspanne hin. 

„Aufgrund geringerer Produktionsanforderungen, dem sinkenden Neugeschäft und verstärkter Bemühungen zur Reduktion der Lagerkosten haben im Dezember mit rund 36 Prozent doppelt so viele der befragten Betriebe die Einkaufsmenge an Rohstoffen und anderen Vormaterialien reduziert als gesteigert. Dennoch kam es zu einem weiteren Anstieg der Bestände in den Vormateriallagern, allerdings mit der geringsten Steigerungsrate seit eineinhalb Jahren“, so Pudschedl. Angesichts der abklingenden Lieferengpässe verlor der Aufbau von Sicherheitsbeständen zur Aufrechterhaltung der Produktion an Bedeutung. Das Kostenbewusstsein hat im Lagermanagement der österreichischen Betriebe dagegen wieder zugenommen. 

Preisdynamik ließ deutlich nach
Die mittlerweile seit acht Monaten sinkende Nachfrage und die daraus resultierende Entspannung der Lieferketten führten zu einer deutlichen Verringerung des Preisdrucks im Einkauf. Der Anstieg der Einkaufspreise verlangsamte sich den dritten Monat in Folge und der entsprechende Index erreichte mit 61,1 Punkten den niedrigsten Wert seit zwei Jahren. Wegen des nur wenig verringerten angebotsseitigen Drucks durch die Energiepreise wurde im Dezember jedoch weiterhin der langjährige Durchschnitt klar übertroffen. 

„Die heimische Industrie hat die Abgabepreise im Dezember erneut überdurchschnittlich stark angehoben, jedoch mit spürbar geringerem Tempo als im Vormonat“, meint Pudschedl und ergänzt: „Die Betriebe konnten den zweiten Monat in Folge den Kostenanstieg im Durchschnitt an ihre Kunden vollständig weitergeben, sodass sich tendenziell durch die Preistrends die Ertragslage verbessert haben dürfte.“

Nachholbedarf an Arbeitskräften hielt an
Trotz der sinkenden Nachfrage nahm die Beschäftigung in der heimischen Industrie weiter zu und stieg sogar mit höherem Tempo als im Vormonat. Der Beschäftigtenindex kletterte im Dezember auf 55,4 Punkte. Während der Aufschwungsphase nach dem Höhepunkt der Coronakrise im Frühjahr 2020 konnte der steigende Bedarf an Arbeitskräften nicht rasch genug gedeckt werden, so dass trotz laufender Anpassung der Produktionskapazitäten an die nachlassende Nachfrage noch immer ein Nachholbedarf bestand. 

„Nach durchschnittlich 4 Prozent im Jahr 2021 hat sich die Arbeitslosenquote in der heimischen Sachgütererzeugung im Jahr 2022 auf durchschnittlich 3,1 Prozent verringert. Damit war die Arbeitslosenquote deutlich geringer als im Jahr vor dem Ausbruch der Pandemie (2019: 3,7 Prozent) und nicht mal halb so hoch wie in der Gesamtwirtschaft mit geschätzten 6,4 Prozent“, meint Pudschedl. Während in Oberösterreich, Tirol, Salzburg und der Steiermark die Arbeitslosenquote in der Sachgütererzeugung unter dem Durchschnitt lag, verzeichnete Wien mit 6,6 Prozent erneut den höchsten Wert aller Bundesländer. 

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt der österreichischen Industrie war im Jahresverlauf 2022 von einem zunehmenden Arbeitskräftemangel gekennzeichnet. Ende 2022 haben die Betriebe knapp 14.000 offene Stellen eingemeldet. Dem stehen etwas über 20.000 Arbeitssuchende gegenüber. Damit kamen im Österreichdurchschnitt zum Jahreswechsel nur 1,5 Arbeitssuchende auf eine offene Stelle. Insbesondere in der Industriehochburg Oberösterreich ist der Arbeitskräftemangel mit einer Stellenandrangziffer von unter 1 besonders groß. 

Milde Rezession, aber vorerst kein Ende in Sicht
Die ersten Anzeichen einer Stabilisierung der Industriekonjunktur nach dem starken Einbruch in der zweiten Jahreshälfte 2022, die der aktuelle Anstieg des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex auf 47,3 Punkte zum Jahreswechsel anzeigt, beschränken sich nicht auf Österreich. In ganz Europa ist eine Verlangsamung des Industrieabschwungs erkennbar. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für den Euroraum stieg im Dezember auf 47,8 Punkte, gestützt vor allem auf Rückenwind aus Deutschland. Der Index für die deutsche Industrie verzeichnete bereits den zweiten Monat in Folge einen Anstieg auf aktuell 47,4 Punkte. Im Vergleich zur österreichischen Entwicklung zeigte sich in Europas Industrie im Dezember ein weniger starker Einbruch der Nachfrage, was in Kombination mit der Indexverbesserung insbesondere in Deutschland, dem wichtigsten Abnehmer österreichischer Industrieerzeugnisse, die weitere Entwicklung der österreichischen Industrie zum Jahresbeginn 2023 positiv beeinflussen könnte. 

Für den Start ins Jahr 2023 ist zwar ein geringfügige Entspannung, aber vorerst kein Ende der Rezession in der heimischen Industrie in Sicht. Das Auftrags-Lager-Verhältnis verbesserte sich im Dezember zwar geringfügig, weist jedoch weiterhin klar darauf hin, dass bei aktuellem Befüllungsstand der Verkaufslager die wenigeren Aufträge auch mit geringeren Produktionskapazitäten erfüllt werden können. Die Produktion dürfte somit in den kommenden Monaten weiter sinken. Darauf weisen auch die mittelfristigen Produktionserwartungen der heimischen Betriebe hin. 

„Die hohen Einkaufspreise insbesondere für Energie, die ungünstigeren Finanzierungsbedingungen nach dem Anstieg der Zinsen und allgemein die globale Konjunkturabkühlung haben im Dezember zu einer Verringerung der Geschäftserwartungen auf Jahresfrist geführt. Der Erwartungsindex sank jedoch nur geringfügig auf 40,4 Punkte“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Die Rezession in der heimischen Industrie schwächt sich dank der weitgehenden Stabilisierung der Geschäftserwartungen, des widerstandsfähigen Arbeitsmarkts, der Entspannung der Lieferstörungen und der Aussicht auf eine schrittweise Beruhigung der Kostendynamik bereits etwas ab. Allerdings fehlen bislang Signale für eine baldige Rückkehr der Industrie auf den Wachstumskurs.“ 

Nach einem Anstieg der Industrieproduktion in Österreich um voraussichtlich fast 6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022 aufgrund der starken ersten Jahreshälfte, erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria wegen des schwachen Jahresbeginns und einer voraussichtlich nur moderaten Verbesserung der Industriekonjunktur im Jahresverlauf für 2023 selbst bei günstigem Verlauf nur eine Stagnation der heimischen Industrie. 

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex und Teilindizes

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