UniCredit Bank Austria Branchenbericht:
Österreichs Maschinenbau baut seinen Wachstumsvorsprung aus
- Der Maschinenbauumsatz ist 2022 um 10 Prozent auf 33,7 Milliarden Euro gestiegen, die Beschäftigung um 4,9 Prozent
- Maschinenbaukonjunktur verlangsamt sich 2023, ein stärkerer Rückgang ist nicht zu befürchten
- Nachfrageeinbußen aus der Bauwirtschaft können durch die Industrienachfrage ausgeglichen werden
- Erfreuliche Perspektiven: Wettbewerbsstärke sichert der Branche langfristig ihren Wachstumsvorsprung und sorgt für weitere Exportüberschüsse – 2022 von rund 5,8 Milliarden Euro
Österreichs Maschinenbau ist im internationalen Vergleich eine konkurrenz- und wachstumsstarke Industriebranche. Wie der aktuelle Branchenbericht der UniCredit Bank Austria zum Maschinenbau zeigt, konnte die Branche ihren Wachstumsvorsprung 2022 ausbauen. „Für 2023 erwarten wir, dass der Maschinenbau etwas an Schwung verliert. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten, die hohen Energiepreise und wieder steigenden Finanzierungskosten dämpfen die Investitionsbereitschaft der Maschinenbaukunden. Die Gefahr eines stärkeren Rückgangs der Branchenkonjunktur ist derzeit aber gering, da die Maschinenbauer weiterhin über hohe Auftragsbestände berichten“, analysiert UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.
Maschinenbau baute 2022 seinen Wachstumsvorsprung aus
2022 sind die Maschinenbauproduktion um 4,9 Prozent und der Branchenumsatz um 10 Prozent auf den Rekordwert von 33,7 Milliarden Euro gestiegen. Damit hat sich der Wachstumsvorsprung im Industrievergleich und gegenüber der Branche in Europa weiter vergrößert. Seit 2008 ist die Branchenproduktion um durchschnittlich 2,6 Prozent im Jahr gestiegen, im EU-Schnitt nur um 0,1 Prozent. Gemessen am Plus der Auslandsumsätze von 3,1 Prozent im Jahr, wurde das Wachstum in dem Zeitraum überwiegend im Export generiert.
Gleichzeitig ist 2022 die Zahl der Arbeitsplätze im Maschinenbau um 4,9 Prozent beziehungsweise um 4.300 Stellen gewachsen, rascher als in den meisten anderen Industriebranchen. Die Beschäftigung in der Industrie legte insgesamt um 2,2 Prozent zu. Das hohe Beschäftigungswachstum im Vorjahr bestätigt die Ausnahmeposition des Maschinenbaus, der in Österreich nicht nur zu den wachstumsstärksten Industriebranchen zählt, sondern auch langfristig überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze schafft. Seit 2008 ist die Beschäftigung um 22 Prozent gestiegen, im Vergleich zu 6 Prozent in der Industrie. Mit 91.000 Beschäftigten und einem Anteil von 14 Prozent an der Industriebeschäftigung ist die Branche auch der größte industrielle Arbeitgeber in Österreich.
Maschinenbaukonjunktur verlangsamt sich 2023
Gegen Ende 2022 sind die Auftragseingänge im Maschinenbau stark gesunken und kündigen in den ersten Monaten 2023 eine Konjunkturverlangsamung an. In den wichtigsten europäischen Maschinenbaumärkten leiden die Unternehmensinvestitionen unverändert unter den wirtschaftlichen Unsicherheiten, verstärkt durch die hohen Energiepreise und wieder steigenden Finanzierungskosten.
Ein stärkerer Rückgang der Branchenkonjunktur ist nicht zu erwarten, da die Maschinenbauer noch in der Konjunkturbefragung im Jänner 2023 weiterhin hohe Auftragsbestände und eine Kapazitätsauslastung von 92 Prozent berichteten, ein Wert, der zuletzt 2007 erreicht wurde. Das heißt, dass aufgestaute Aufträge aufgrund vorhandener Lieferengpässe bei Vorprodukten weiterhin nur verzögert abgearbeitet werden können. Zwar haben die Produktionsbehinderungen durch Materialmangel nachgelassen, wurden aber in der Konjunkturerhebung im Jänner noch von 45 Prozent der Unternehmen als Beeinträchtigung genannt. Gleichzeitig hat der Arbeitskräftemangel zu Jahresbeginn an Gewicht gewonnen.
Ab der zweiten Jahreshälfte 2023 sollte die Investitionsgüternachfrage in den großen Absatzmärkten der Maschinenbauer wieder an Schwung gewinnen. Unter der Annahme, dass die wirtschaftliche Verunsicherung der Unternehmen abnimmt und damit ihre Investitionsbereitschaft wieder wächst, werden die industrienahen Maschinenbauer auch zunehmend von den EU-Subventionsprogrammen profitieren. Hingegen verschlechtern sich die Konjunkturaussichten der baunahen Maschinenbausparten im Lauf des Jahres. Die Sparten tragen etwa ein Drittel zum Branchenumsatz bei und sorgten noch 2021 und 2022, angetrieben von der dynamischen Baukonjunktur, für eine überdurchschnittlich starke Nachfrage nach Klimageräten, Aufzügen und sonstigen Baumaschinen.
Technologischer Vorsprung als Grundlage der guten Performance des Maschinenbaus
Österreichs Maschinenbau zählt zu den forschungsfreudigsten Branchen im europäischen Vergleich, mit einem Anteil der F&E-Ausgaben von 4,7 Prozent des Umsatzes. Darüber hinaus werden von den Maschinenbauern überdurchschnittlich viele Patente eingereicht. Letztendlich sind die F&E-Quoten und Patentanmeldungen nur ein Teil der Innovationskraft eines Unternehmens und es bedarf einer Vielzahl von Aktivitäten, um eine Erfindung zur Marktreife zu bringen. Österreichs Maschinenbauer belegen auch in den europäischen Innovationserhebungen seit Jahren einen Spitzenplatz. In der jüngsten Erhebungsperiode 2018 bis 2020 wurden 86 Prozent der heimischen Maschinenbauer als innovationsaktive Unternehmen erkannt, mehr als in allen anderen größeren EU-Maschinenbauländern (zum Vergleich waren es in Deutschland 84 Prozent und in Italien 73 Prozent).
Die hohe Spezialisierung einiger österreichischer Maschinenbauunternehmen dokumentieren die zweistelligen Weltmarktanteile auf einer detaillierten Produktebene sehr gut. Beispielsweise wurden 2021 aus Österreich Fahrzeugkräne im Wert von 500 Millionen Euro exportiert, das sind 27 Prozent aller weltweiten Importe dieser Warengruppe. Der Exportanteil von Sesselliften und Seilbahnen erreichte mit einem Wert von rund 200 Millionen Euro sogar 82 Prozent der globalen Importe.
Eine wettbewerbsstarke Branche mit guten Perspektiven
Die Innovationsstärke ist wesentlich, um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Maschinenbauer zu erhalten. Beispielsweise liegen die Personalaufwendungen pro Beschäftigtem im österreichischen Maschinenbau um 22 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das höhere Branchenwachstum im europäischen Vergleich und die Exporterfolge belegen, dass die österreichischen Maschinenbauer die Kostennachteile in Summe sehr gut kompensieren können. Es gelingt der Branche, sich vor Wettbewerbern mit reinen Kosten- und Preisvorteilen zu schützen und Marktanteilsverluste bei Standardprodukten großteils auszugleichen. Schon seit Beginn der 90er Jahre werden mit Maschinen aus Österreich wachsende Außenhandelsüberschüsse erzielt, wozu Segmente mit relativ hohen Produktwerten einen wesentlichen Beitrag liefern. Rund die Hälfte des Exportüberschusses von 5,8 Milliarden Euro 2022 entfällt auf Maschinen für die Holz- und Steinbearbeitung und Maschinen für die Kunststoff- und Halbleiterindustrie.
Österreichs Maschinenbau sichert sich zwar seine Marktanteile in Hochlohnländern und sollte sich auch in Zukunft vom Maschinenbau auf europäischer Ebene positiv absetzen können. Dennoch wird die Branche das hohe Produktionswachstum der letzten drei Jahrzehnte, von durchschnittlich 5 Prozent im Jahr, langfristig nicht halten können. Dagegen sprechen strukturelle Veränderungen wichtiger Kunden, wie der Kfz- und der Papierindustrie, und der zunehmende außereuropäische Konkurrenzdruck.
Gleichzeitig wird der Maschinenbau vor allem von der längst drängenden Dekarbonisierung der Produkte und Produktionsprozesse in allen Industrien profitieren, da die Umstellung in der Regel mit einer Modernisierung des Maschinenparks einhergeht. „Die Nachfrage nach Umwelt- und Energietechnik wird sich in den nächsten Jahren deutlich beschleunigen. Schon in den letzten Jahren ist der Anteil der Hersteller von Umwelttechnik an der Maschinenbauproduktion in Österreich sukzessive auf 18 Prozent gestiegen“, sagt Wolf abschließend.
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