26.05.2023

UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai:
Beschleunigter Konjunkturrückgang führt zu Rezession in Österreichs Industrie

  • Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Mai auf 39,7 Punkte und fiel damit auf den niedrigsten Wert seit April 2020 
  • Heimische Betriebe reduzierten ihre Produktionsleistung aufgrund der starken Auftragsrückgänge 
  • Erstmals seit fast zweieinhalb Jahren verringerte die Industrie ihren Beschäftigtenstand 
  • Die geringe Nachfrage ließ Einkaufs- und Verkaufspreise im Mai deutlich sinken 
  • Die Bestände an Vormaterialien wurden verringert, fehlende Nachfrage führte zu Anstieg der Verkaufslager 
  • Anhaltende Verschlechterung der Aussichten: Der Index für die Produktionserwartungen innerhalb der kommenden 12 Monate sank im Mai auf 44,0 Punkte, den niedrigsten Wert seit Jahresbeginn

Die Talfahrt der heimischen Industrie setzt sich fort. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Mai auf 39,7 Punkte, den niedrigsten Wert seit dem ersten Lockdown in der Corona-Pandemie im April 2020. Der Abstand zur Wachstumsschwelle von 50 Punkten nimmt dabei seit 10 Monaten – abgesehen von einer leicht positiven Tendenz zu Jahresbeginn – kontinuierlich zu", meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Die heimische Industrie befindet sich mittlerweile in einer Rezession, die sich derzeit noch zu verstärken scheint.“

Die Industrie in Österreich ist mit einer spürbaren Abschwächung der Nachfrage konfrontiert. „Aufgrund des sich beschleunigenden Rückgangs des Neugeschäfts haben die heimischen Betriebe ihre Produktionskapazitäten im Mai stark zurückgefahren und erstmals seit zweieinhalb Jahren auch den Personalstand reduziert. Der geringere Bedarf an Vormaterialien unterstützte einen weiteren Rückgang der Preise im Einkauf, der zum Teil an die Abnehmer weitergegeben wurde. Angesichts der stark gesunkenen Nachfrage bestehen in der Industrie im Regelfall keine Lieferprobleme mehr, die Lieferzeiten verringerten sich erneut“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Umfrage zusammen. 

Weitere Abschwächung des Neugeschäfts
Die heimische Industrie hat im Mai ihre Produktionsleistung mit höherem Tempo als im Vormonat zurückgefahren. Der Produktionsindex sank auf 39,5 Punkte, der damit nunmehr ein volles Jahr unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten liegt. „ Sowohl aus dem In- als auch dem Ausland lag die Anzahl der einlangenden Aufträge deutlich unter dem Vormonat, daher ist auch die Nachfrage nach ‚Made in Austria‘´ im Mai weiter zurückgegangen. In beiden Fällen handelte es sich dabei um den stärksten Rückgang des laufenden Jahres“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Neben der Konjunkturflaute wird das Neugeschäft weiter von zum Teil hohen Preisen sowie hohen Lagerbeständen der Abnehmer zurückgehalten. 

„Angesichts des fehlenden Neugeschäfts verringerten sich im Mai die Auftragsrückstände der heimischen Betriebe mit hohem Tempo. Folglich gingen die Lieferzeiten deutlich zurück“, meint Pudschedl und ergänzt: „Auf globaler Ebene zeigt sich mittlerweile in allen wesentlichen Branchen eine Verringerung der Lieferzeiten, selbst bei technologischen Erzeugnissen wie Halbleitern. Die Auflösung der angebotsseitigen Liefer- und Transportprobleme hat sich durch die Abschwächung der Nachfrage beschleunigt.“ 

Jobaufbau in der Industrie beendet 
Nach fast zweieinhalb Jahren hat der Jobaufbau in der österreichischen Industrie geendet. Im Mai sank der Beschäftigungsindex auf 48,8 Punkte und weist damit erstmals seit Dezember 2020 auf einen Rückgang der Beschäftigung in der Sachgüterindustrie hin. Die Mehrheit der Unternehmen reduziert mittlerweile ihren Personalstock bedingt durch die verschlechterte Auftragslage und hohe Kosten. 

Mit saisonbereinigt über 20.000 Personen hatte sich die Anzahl der Arbeitssuchenden in der österreichischen Industrie leicht erhöht. Die Arbeitslosenquote stieg ebenfalls leicht auf 3,1 Prozent saisonbereinigt an, da die Beschäftigung nicht mehr zulegte. „Die Arbeitslosenquote in der österreichischen Sachgüterindustrie zeigt erstmals seit Beendigung des ersten Lockdowns in der Pandemie im Frühjahr 2020 wieder leicht steigende Tendenz. Mit 3,3 Prozent im Jahresdurchschnitt wird die Arbeitslosenquote 2023 voraussichtlich etwas höher als im Vorjahr mit 3,1 Prozent ausfallen. Damit wird in der Industrie die Arbeitslosenquote trotzdem deutlich niedriger als in der Gesamtwirtschaft mit 6,4 Prozent ausfallen“, meint Pudschedl. 

Die heimische Industrie ist weiterhin mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert. Auf eine offene Stelle in der Sachgütererzeugung kommen im österreichischen Durchschnitt nur 1,7 Arbeitssuchende. Besonders herausfordernd ist die Lage in Salzburg und Oberösterreich mit einer Stellenandrangziffer von unter eins. Angesichts der konjunkturellen Schwäche wird sich der Bedarf an Arbeitskräften in der österreichischen Industrie in den kommenden Monaten voraussichtlich etwas abschwächen, was zu einer leichten Entspannung des Arbeitskräftemangels beitragen wird. 

Geringere Nachfrage lässt die Preise sinken
Aufgrund des geringeren Bedarfs an Rohstoffen und Vorprodukten reduzierten die heimischen Betriebe im Mai erneut ihre Einkaufsmengen, was sich nicht nur in einer weiteren Verkleinerung der Bestände in den Vormateriallagern niederschlug, sondern vor allem auch zu deutlich sinkenden Einkaufspreisen führte. „Die Verschiebung der Angebots-Nachfrage-Relationen haben bereits den dritten Monat in Folge einen Rückgang der Einkaufspreise ausgelöst. Die Kosten der Betriebe für Vorprodukte sanken dabei so stark wie zuletzt während der Finanzkrise 2009“, meint Pudschedl und ergänzt: „Angesichts der schwächeren Nachfrage wurde der anhaltende Preisrückgang im Einkauf zumindest teilweise an die Kunden weitergegeben. Die Verkaufspreise sanken mit zunehmendem Tempo den zweiten Monat in Folge.“ 

Unmittelbar keine Aussicht auf Besserung der Industriekonjunktur
Der neuerliche Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai signalisiert, dass sich die Abschwächung der Konjunktur beschleunigt hat und sich die heimische Industrie mittlerweile in einer Rezession befindet. Das globale Umfeld lässt unmittelbar keine positiven Impulse für die exportorientierte Industrie Österreichs erwarten, denn nicht nur in Österreich hat sich im Mai die Industriekonjunktur eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie sank mit 48,5 Punkten wieder unter die Wachstumsschwelle und der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie im Euroraum ging weiter auf 44,6 Punkte zurück, da sich insbesondere der Rückgang in der deutschen Industrie beschleunigte. Im Vergleich zu Österreich liegen die Einkaufsmanagerindizes für die verarbeitende Industrie jedoch jeweils höher, wobei der Unterschied vor allem in höheren Werten für das Neugeschäft liegt. Die etwas günstigere Nachfrageentwicklung in den wichtigen Handelspartnerländern stützt zumindest die Hoffnung, dass sich die Abschwächung der Industriekonjunktur in Österreich nicht weiter beschleunigt. 

Ein Ende der Rezession in der heimischen Industrie ist jedoch vorerst nicht absehbar. Das Auftrags- Lager -Verhältnis verschlechterte sich im Mai erneut und weist weiterhin klar darauf hin, dass bei aktuellem Stand in den Auslieferungslagern die einlangenden Aufträge auch mit geringeren Produktionskapazitäten erfüllt werden können. Die Produktion dürfte somit in den kommenden Monaten weiter zurückgehen. Darauf weisen auch die mittelfristigen Produktionserwartungen der Betriebe hin. 

„Die ungünstige Nachfrageentwicklung, die gestiegenen Kosten auch der Löhne und die veränderte Zinslandschaft haben im Mai die Produktionserwartungen der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate weiter verringert. Der Erwartungsindex sank auf 44,0 Punkte“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Trotz positiver Veränderungen des Umfelds, wie der Auflösung der Lieferprobleme und sinkender Einkaufspreise, steht eine Belebung der Industriekonjunktur in Österreich unmittelbar nicht bevor. Mit der Verstärkung der positiven Signale aus dem Ausland könnte eine Erholung der heimischen Industrie jedoch in der zweiten Jahreshälfte gelingen, deutliche Anzeichen dafür sehen wir aber noch nicht.“

Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria 
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0)5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at