UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni:
Schwache Nachfrage vertieft Rezession in Österreichs Industrie
- Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Juni auf 39,0 Punkte
- Starke Auftragsrückgänge aus dem In- und Ausland lösten eine Einschränkung der Produktion aus
- Der Beschäftigungsabbau beschleunigte sich im Juni in den heimischen Betrieben
- Abbau der Vormateriallager, doch die Fertigwarenlager wurden wegen Absatzproblemen voller
- Die nachlassende Nachfrage unterstützte einen weiteren Rückgang der Einkaufs- und Verkaufspreise
- Der Index für die Produktionserwartungen stieg im Juni auf 46,7 Punkte, signalisiert damit jedoch weiter einen Rückgang der Produktion innerhalb der kommenden zwölf Monate
Die Eintrübung der heimischen Industriekonjunktur setzte sich Ende des zweiten Quartals fort. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank auf 39,0 Punkte, den tiefsten Wert seit dem ersten pandemiebedingten Lockdown im April 2020“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Seit fast einem Jahr unterschreitet der Indikator nunmehr die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Seit dem Frühjahr hat sich der Abschwung der Industriekonjunktur sogar beschleunigt und in eine Rezession der österreichischen Industrie geführt, die sich zur Jahresmitte hin noch verstärkt hat, wobei ein so tiefer Wert in der Geschichte des Indikators nur zu Beginn der Pandemie und während der Finanzkrise 2008/09 erreicht wurde.“
Die deutliche Abschwächung der Nachfrage ist zum bestimmenden Problem der heimischen Industrie geworden. „Als Folge des massiven Einbruchs des Neugeschäfts haben die heimischen Betriebe die Produktion und den Personalstand reduziert. Der geringere Bedarf an Vormaterialien ließ die Einkaufspreise stark sinken, was jedoch nicht in vollem Umfang an die Abnehmer weitergegeben wurde. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vormaterialien verbesserte sich weiter. Die Probleme in den Lieferketten verringerten sich im Juni erneut, was der zweitstärkste Rückgang der Lieferzeiten seit Umfragebeginn 1998 deutlich macht“, sagt Bruckbauer.
Anpassung von Produktion und Beschäftigung an geringere Nachfrage
Die Auftragslage in der heimischen Industrie hat sich zum Ende des zweiten Quartals erneut verschlechtert. Der entsprechende Indikator ist auf 32,7 Punkte gesunken, ein Rekordtief abgesehen vom Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 und der Finanzkrise 2008/09. Vor allem die Aufträge aus dem Inland blieben aus. Aber auch die Nachfrage aus dem Ausland nahm weiter stark ab. Mehr als 40 Prozent der befragten Unternehmen meldeten einen Rückgang der Exportaufträge, insbesondere aus Deutschland.
„Die heimischen Betriebe passten im Juni ihre Kapazitäten an die Verschlechterung der Auftragslage an. Die Produktionsleistung wurde deutlich zurückgenommen, wenn auch nicht ganz so stark wie im Vormonat. Der Produktionsindex stieg auf 41,0 Punkte“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Zudem wurde die Beschäftigung im Sektor den zweiten Monat in Folge verringert, wobei sich das Tempo des Jobabbaus stark beschleunigte. Der Beschäftigtenindex sank auf 46,9 Punkte, den niedrigsten Wert seit fast drei Jahren.“ Insbesondere in der Vorleistungsgüterindustrie wurde die Beschäftigung an niedrigere Produktionserfordernisse angeglichen, vordringlich indem frei werdende Stellen nicht nachbesetzt wurden.
Nachfrageschwäche bestimmt Einkaufspolitik und Lagertrends
Aufgrund der sinkenden Nachfrage, einer vorsichtigen Lagerpolitik und dem Versuch die Liquidität zu erhöhen, haben die österreichischen Industriebetriebe ihre Einkaufsaktivitäten im Juni stark reduziert. Der entsprechende Index stieg gegenüber dem Dreijahrestief vom Vormonat zwar geringfügig auf 35,7 Punkte an, weist damit jedoch, wie nunmehr seit einem ganzen Jahr, auf einen starken Rückgang der Einkaufsmenge gegenüber dem Vormonat hin.
„Infolge der starken Verringerung der Einkaufsaktivitäten nahmen im Juni die Bestände an Vormaterialien deutlich ab. Insbesondere in der Konsum- und Vorleistungsgüterindustrie erfolgte die Anpassung der Lagerbestände an die geringeren Produktionserfordernisse. Zudem gaben die heimischen Betriebe an, im Vertrauen auf die wieder funktionierenden Lieferketten die Lagerbestände aus Kostengründen niedriger zu halten“, so Pudschedl. Während die Bestände in den Vormateriallagern sanken, kam es aufgrund der schwächeren Nachfrage und der Verschiebung bzw. dem Storno von Aufträgen durch die Kunden zu einem erneuten Anstieg der Bestände in den Fertigwarenlagern.
Starker Rückgang der Einkaufspreise
Der Einbruch der Nachfrage führte im Juni den vierten Monat in Folge zu einem Rückgang der Einkaufspreise. Der aktuelle Index von nur 36,6 Punkten signalisiert sogar den stärksten Preisrückgang seit der Finanzkrise 2008/09. Insbesondere Rohstoffe, wie eine Reihe von Metallen und Holz, wurden im Einkauf billiger. Auch die Energie- und Transportkosten nahmen ab.
„Der Wettbewerb um neue Aufträge in einem immer stärker fordernden Nachfrageumfeld veranlasste die heimischen Betriebe den dritten Monat in Folge, ihre Erzeugerpreise zu senken. Allerdings wurde die spürbare Kostenentlastung durch verringerte Einkaufspreise nur zum Teil an die Abnehmer weitergegeben. Dadurch verbesserten die aktuellen Preistrends im Durchschnitt die Ertragslage der heimischen Unternehmen“, so Pudschedl.
Rezession vertieft sich
Der neuerliche Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni aufgrund der starken Abschwächung der Nachfrage lässt vorerst kein Ende der Rezession in der heimischen Industrie erwarten, zumal die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für die wichtigsten Exportdestinationen der heimischen Wirtschaft ebenfalls eine Verstärkung des Abschwungs zeigen. Der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie sank auf 46,3 Punkte und für die Industrie im Euroraum sogar auf 43,6 Punkte, belastet durch den erneuten Rückgang in Deutschland.
Neben den fehlenden Impulsen aus dem Ausland spricht die anhaltende Verschlechterung des Indexverhältnisses der Neuaufträge zu den Beständen in den Verkaufslagern auf den niedrigsten Wert seit dem ersten Corona-Lockdown sogar für eine anhaltende Eintrübung der Industriekonjunktur. In den kommenden Monaten können die einlangenden Aufträge aufgrund der gestiegenen Bestände an Fertigwaren auch mit geringerer Produktionsleistung erfüllt werden.
„Seit Februar dieses Jahres erwarten die heimischen Betriebe einen Rückgang der Produktion. Der starke Einbruch der Nachfrage und die gestiegenen Finanzierungskosten geben immer stärkeren Anlass zur Sorge, auch wenn erstmals seit fünf Monaten der Erwartungsindex im Juni anstieg. Mit nur 46,7 Punkten signalisiert er zwar kein Ende der Rezession, stützt aber die Hoffnung, dass sich der Abschwung bald nicht mehr weiter vertieft und die Industriekonjunktur die Talsohle überwindet“, meint Bruckbauer abschließend. Nach einem Anstieg der Industrieproduktion um real 6,0 Prozent im Jahr 2022 und einem durchschnittlichen Plus von knapp über einem Prozent in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria aufgrund der laufenden Eintrübung im Gesamtjahr 2023 einen leichten Rückgang von weniger als einem Prozent.
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UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0)5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at