15.11.2023

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator
Anzeichen für langsame Bodenbildung der Konjunktur in Österreich

  • Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im Oktober auf minus 3,7 Punkte und signalisiert ein Ende der Talfahrt, aber noch keine Trendwende
  • Die Rezession der österreichischen Wirtschaft sollte gegen Jahresende 2023 auslaufen, die BIP-Prognose wurde jedoch auf minus 0,5 Prozent für das Gesamtjahr 2023 gesenkt 
  • Aussicht auf Erholung 2024 dank Stärkung des Konsums über Reallohnzuwächse, doch restriktive Geldpolitik bremst 
  • Konjunkturschwäche lässt Arbeitslosigkeit steigen: Arbeitslosenquote 2023/24 mit durchschnittlich zumindest 6,4 Prozent erwartet
  • Die Inflation sinkt von durchschnittlich 7,8 Prozent 2023 auf voraussichtlich 3,6 Prozent 2024 und wird damit aber auch das 16. Jahr in Folge über dem Niveau im Euroraum liegen
  • Keine weiteren Zinsanhebungen im Euroraum erwartet. Deutlicher Inflationsrückgang macht Zinssenkungszyklus ab Mitte 2024 immer wahrscheinlicher 

UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator

Die Konjunkturlage in Österreich bleibt stark angespannt. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator weist zu Beginn des Schlussquartals 2023 auf eine ausgeprägte Schwächephase der österreichischen Wirtschaft hin. Mit minus 3,7 Punkten wurde der zweitniedrigste Wert des laufenden Jahres erreicht. Allerdings zeigte sich erstmals seit Jahresbeginn eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vormonat, das jedoch sogar auf einem 40-Monats-Tief lag“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der Anstieg des Indikators könnte eine langsame Bodenbildung der Konjunktur in Österreich signalisieren. Das Ende der Talfahrt dürfte mittlerweile zwar erreicht sein, das heißt jedoch nicht, dass eine Trendwende schon unmittelbar bevorsteht. Eine Erholung der heimischen Wirtschaft ist noch nicht in Sicht.“ 

Sorgenkind Produktionssektor 
„Insbesondere die Industrie und die Bauwirtschaft stehen aktuell großen Herausforderungen gegenüber. Trotz eines geringen Anstiegs gegenüber September liegt die Konjunkturstimmung in der heimischen Industrie besonders deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt“, meint Bruckbauer. Starke Auftragsrückgänge haben Produktionseinschränkungen und mittlerweile auch den Abbau von Beschäftigten ausgelöst. Steigende Lohn- und Energiekosten und die Gefahr, im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten, belasten die Stimmung. 

In der Metallwarenerzeugung, dem Maschinenbau und der Elektrotechnik ist der Pessimismus derzeit besonders groß. Die hohen geopolitischen Unsicherheiten, die sich in einem leichten Rückgang des mit den österreichischen Handelsanteilen gewichteten Indikators für die globale Industriestimmung niedergeschlagen haben, bremsen die Aussichten für die exportorientierten Betriebe. Während sich die Lage in Europa und in den USA im Oktober weitgehend unverändert herausfordernd darstellt, hat sich vor allem in den asiatischen Wachstumsmärkten die Anspannung in der Industrie verschärft. 

Verschlechtert hat sich auch die Stimmungslage am Bau. Der Hochbau, speziell der Wohnungsbau, ist von einem starken Auftragseinbruch betroffen. Während sich der Tiefbau auf eine relativ solide Entwicklung von öffentlichen Aufträgen stützen kann, profitieren einige Baunebengewerbe sogar von verstärkten Sanierungsmaßnahmen und klimatechnischen Investitionen. 

Die Schwäche im Produktionssektor hat mittlerweile auf den Dienstleistungssektor übergegriffen. Die Kaufkrafteinbußen durch die hohe Inflation bremsen die Nachfrage und haben zum Beispiel im Einzelhandel zu deutlichen Umsatzeinbußen geführt. Allerdings hat sich die Stimmung im Dienstleistungssektor im Oktober zu verbessern begonnen und sogar den stärksten positiven Einfluss auf den Anstieg des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators ausgeübt. Die Aufhellung der Konsumentenstimmung nachdem die Inflation deutlich rückläufige Tendenz zeigte, hat dazu wesentlich beigetragen. 

„Die Konjunkturstimmung hat sich im Oktober in Österreich leicht verbessert. In allen Wirtschaftssektoren herrscht jedoch Pessimismus vor, die Stimmung liegt zum Teil sogar weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Schwach zeigt sich die österreichische Konjunktur vor allem auch im internationalen Vergleich. Die Stimmung liegt in allen Wirtschaftssektoren deutlich unter den Vergleichswerten im Euroraum. Trotz vorsichtiger Signale für eine Bodenbildung der Konjunktur hinkt die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft weiter hinter jener im Euroraum hinterher“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.  

Nur langsam aus der Rezession in eine verhaltene Erholung
Nach einer technischen Rezession vom Frühjahr bis zum Herbst ist unmittelbar keine Trendwende in Sicht. Die Konjunktur wird auch zum Jahresausklang schwach bleiben. Erste Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft in Österreich langsam die Talsohle erreicht, deuten jedoch auf ein Ende der Rezession gegen Ende 2023 hin. „Wir erwarten für das vierte Quartal 2023 nicht mehr als eine Stagnation der österreichischen Wirtschaft. Angesichts der Abwärtsrevision früherer BIP-Werte und der zuletzt schwachen Entwicklung müssen wir für das Gesamtjahr 2023 von einem leichten Rückgang des BIP in Österreich um 0,5 Prozent ausgehen“, meint Pudschedl und ergänzt: „Nach zwei starken Erholungsjahren mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 4 Prozent liegt die reale Wirtschaftsleistung in Österreich Ende 2023 dennoch um rund 1,5 Prozent über dem Vorpandemie-Niveau.“ 

„Für 2024 erwarten wir, ausgehend von einem weiteren Rückgang der Inflation, den Beginn einer moderaten Erholung mit einem leichten BIP-Anstieg unter der Marke von ein Prozent. Steigende Reallohnzuwächse als Folge der sinkenden Inflation sollten Anfang 2024 eine moderate Erholung über den Konsum einleiten, unterstützt durch einen relativ stabilen Arbeitsmarkt und fiskalischen Maßnahmen“, sagt Pudschedl weiter. 

Demgegenüber wird die restriktive Geldpolitik auch 2024 eine große Herausforderung für die Investitionsdynamik darstellen. Während der Dienstleistungssektor, gestützt durch die steigende Kaufkraft der Haushalte, die Erholung anführen wird, bleibt die Lage im Baugewerbe, insbesondere im Hochbau, sowie in der Industrie angespannt. Eine allmähliche Erholung der Weltwirtschaft dürfte jedoch zunehmend die exportorientierten Branchen unterstützen.  

Arbeitslosigkeit steigt
Nachdem sich der Arbeitsmarkt im bisherigen Jahresverlauf sehr konjunkturresilient gezeigt hat, lassen sich mittlerweile die Folgen der anhaltenden Konjunkturschwäche an der steigenden Anzahl von Arbeitssuchenden in vielen Branchen ablesen. Nach nur 6,2 Prozent zu Jahresbeginn ist die Arbeitslosenquote in Österreich im Oktober auf saisonbereinigt 6,6 Prozent gestiegen. Während der Anstieg im Dienstleistungssektor bisher unterdurchschnittlich stark ausfiel und sich auf wenige Branchen, wie z.B. auf das Grundstücks- und Wohnungswesen oder einige freiberufliche Dienstleistungen konzentriert, ist vor allem die Bauwirtschaft besonders stark betroffen. Insbesondere im Hochbau hat die Arbeitslosigkeit stark zugenommen. Auch in der Industrie ist die Anzahl der Arbeitssuchenden im Jahresverlauf 2023 deutlich gestiegen, insbesondere in baunahen Bereichen, wie z.B. der Elektroindustrie, der Holzindustrie oder nachgelagerten Bereichen wie der Herstellung von Möbeln. 

„In den kommenden Monaten sollte sich ein leichter Aufwärtstrend der Arbeitslosenquote fortsetzen und erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 könnte die einsetzte Erholung eine Entspannung am Arbeitsmarkt einleiten. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir einen Anstieg der Arbeitslosenquote 2023/24 auf durchschnittlich zumindest 6,4 Prozent“, so Pudschedl.  

Inflation geht weiter zurück, bleibt aber höher als im Euroraum 
Mit 5,4 Prozent im Oktober hat sich die Teuerung in Österreich seit dem Jahresbeginn mehr als halbiert. „Wir erwarten einen Rückgang der Teuerung auf unter 5 Prozent bis Ende 2023. Nach den hohen Werten zu Beginn des Jahres wird die durchschnittliche Inflation 2023 jedoch voraussichtlich 7,8 Prozent betragen. Für 2024 rechnen wir mit einem Rückgang auf 3,6 Prozent“, meint Pudschedl und ergänzt: „Damit wird die Teuerung in Österreich nunmehr das sechszehnte Jahr in Folge höher als im Euroraum sein. Seit 2008 überschreitet die Inflation in Österreich den Wert im Euroraum, was sich bis 2024 zu einem Aufschlag von über 10 Prozentpunkten anhäufen wird.“ Für den Euroraum erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria einen Rückgang der Inflation auf durchschnittlich 5,6 Prozent 2023 und 2,6 Prozent 2024. 

„Angesichts der schwachen Konjunkturdaten und vor allem der mittlerweile deutlich sinkenden Inflation gehen wir davon aus, dass sich die EZB letztlich gegen weitere Zinsanhebungen entscheiden wird. Angesichts der jüngsten Inflationsdaten hat zudem nach unserer Einschätzung die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen im kommenden Jahr deutlich zugenommen. Wir gehen weiterhin vom Beginn eines Zinssenkungszyklus rund um die Jahresmitte 2024 aus“, meint Bruckbauer abschließend. 

Österreich Konjunkturprognose
Konjunkturindikator und BIP real

Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria 
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at