UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator
Konjunkturlage in Österreich bleibt angespannt
- Bodenbildung, aber noch keine Erholung zum Jahresausklang: Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator verharrte im November bei minus 3,7 Punkten
- Die anhaltende Rezession führt zu einem BIP-Rückgang von zumindest 0,5 Prozent im Jahr 2023
- Erholung ab 2024 durch Konsumstärkung und zunehmende Unterstützung durch den Welthandel sollte geringes Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent ermöglichen.
- Das Erholungstempo wird sich 2025 verstärken und lässt einen BIP-Anstieg um 1,5 Prozent erwarten
- Aufwärtstrend der Arbeitslosenquote hält vorerst an: Nach 6,4 Prozent 2023 weiterer Anstieg 2024 auf durchschnittlich 6,7 Prozent, doch Entspannung auf 6,5 Prozent 2025 in Sicht
- Die Inflation sinkt von durchschnittlich 7,9 Prozent 2023 auf voraussichtlich 3,6 Prozent 2024 und weiter auf 2,3 Prozent 2025
- Inflationsrückgang macht Zinssenkungszyklus im Euroraum spätestens ab Mitte 2024 wahrscheinlich
Die Schwächephase der österreichischen Wirtschaft hält unvermindert an. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator verharrte im November bei 3,7 Punkten. Damit setzt sich die konjunkturelle Bodenbildung zwar fort, doch ein Aufwärtstrend der österreichischen Wirtschaft ist vorerst weiterhin nicht in Sicht“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. In keinem Bereich der österreichischen Wirtschaft ist derzeit ein stabiler Trend zu erkennen, der eine positive Richtung für die Gesamtwirtschaft vorgeben würde. „Während sich in der Bauwirtschaft der Pessimismus etwas abgebaut hat, trübte sich in der heimischen Industrie die Stimmung gegen Jahresende erneut ein, obwohl sich das globale Umfeld leicht verbesserte. Auf den Dienstleistungssektor wirkten sich die herausfordernden Vorgaben aus dem Produktionssektor wieder stärker negativ aus und sorgten für eine spürbare Stimmungsverschlechterung trotz abflauenden Gegenwinds des Verbrauchervertrauens“, so Bruckbauer.
Pessimismus in allen Wirtschaftssektoren
Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator konnte im November die Verbesserung des Vormonats nicht fortsetzen. Grund dafür war die erneute Verschlechterung der Stimmung in der heimischen Industrie infolge weiter sinkender Aufträge und die zunehmenden Sorgen über die Wettbewerbsfähigkeit angesichts einer hohen Kostendynamik. Dies konnte auch die leichte Verbesserung des Exportumfelds durch positive Vorgaben insbesondere aus den Wachstumsmärkten nicht ändern. Während sich der Pessimismus im Dienstleistungssektor trotz guter Nachfrage im Tourismus aufgrund der rückläufigen Einzelhandelsumsätze wieder erhöhte, verbesserte sich die Stimmung in der Bauwirtschaft. Während sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor die Stimmung in Österreich zum Jahresausklang 2023 deutlich im pessimistischen Bereich liegt, erreichte die Geschäftseinschätzung der heimischen Bauunternehmer wieder den langjährigen Durchschnitt. Im Vergleich zum Euroraum ist die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft in allen Sektoren weiterhin klar im Rückstand.
Aussicht auf zumindest geringes Erholungstempo ab 2024
Die österreichische Wirtschaft befindet sich seit dem Frühjahr in einer Rezession, die sich bis zum Jahresende 2023 ziehen dürfte. Aufgrund des noch relativ guten Starts ins Jahr wird sich der Rückgang des BIP im Gesamtjahr 2023 mit rund 0,5 Prozent jedoch in Grenzen halten.
„Wir gehen davon aus, dass im Jahresverlauf 2024 eine moderate Erholung einsetzt, die einen leichten Anstieg des BIP um 0,3 Prozent ermöglichen sollte. Für 2025 erwarten wir eine Fortsetzung des moderaten Wachstumskurses mit einem Anstieg des BIP um rund 1,5 Prozent“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Unterstützt durch die weitere Verlangsamung der Inflation werden steigende Reallöhne einen Aufwärtstrend des Konsum ermöglichen. Nach dem starken Abbau der Lagerbestände im Jahr 2023 wird zudem die Trendwende im Lagerzyklus für Wachstumsimpulse sorgen. Auch der langsam wieder stärker in die Gänge kommende Welthandel dürfte die österreichische Wirtschaft unterstützen. Die weiterhin restriktive Geldpolitik wird jedoch auch 2024 eine große Herausforderung für die Investitionstätigkeit darstellen und damit das Erholungstempo begrenzen. Auch das durch die hohe Inflation gesunkene Sparvermögen sowie der auslaufende Nachholbedarf von z.B. touristischen Dienstleistungen und die weniger unterstützende Fiskalpolitik werden ihre Wirkung zeigen.
Während der Dienstleistungssektor, gestützt durch die steigende Kaufkraft der Haushalte, bei der wirtschaftlichen Erholung zeitlich voranschreiten dürfte, wird die Lage am Bau, insbesondere im Hochbau, und vor allem in der Industrie noch länger angespannt bleiben und voraussichtlich erst im Jahr 2025 eine klare Aufwärtstendenz zeigen.
Arbeitslosigkeit steigt vorerst noch weiter, doch Trendwende für Herbst 2024 erwartet
Infolge der schwachen Konjunkturentwicklung hat sich die Lage am Arbeitsmarkt mittlerweile spürbar verschlechtert. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist in Österreich von 6,2 Prozent zu Jahresbeginn auf aktuell 6,6 Prozent gestiegen. Während in einigen Dienstleistungsbranchen die Arbeitslosigkeit 2023 sogar gesunken ist, wird der Aufwärtstrend durch die Entwicklung am Bau und in der Sachgüterindustrie bestimmt. Der stärkste Anstieg zeigt sich jedoch bei Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen. Diese Branche inkludiert die Vermittlung von Leiharbeitern, somit ist dieser Zuwachs ursächlich auch vor allem den Produktionsbereichen zuzuschreiben.
Die günstige Entwicklung zu Jahresbeginn hat den Anstieg der Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2023 auf 6,4 Prozent nach 6,3 Prozent im Vorjahr begrenzt. „Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich trotz der Aussicht auf eine beginnende Erholung der Konjunktur vorerst noch weiter verschlechtern. Wir erwarten für 2024 einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf durchschnittlich 6,7 Prozent. Erst ab dem Herbst sollte das stärkere Wirtschaftswachstum eine Trendwende ermöglichen, die die Arbeitslosenquote 2025 auf voraussichtlich 6,5 Prozent senken dürfte“, meint Pudschedl. Die relativ rasche Trendumkehr wird durch die Enge am heimischen Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Bedingt durch demografische Effekte, wie dem Ausscheiden geburtenstarker Jahrgänge aus dem Arbeitsprozess, wird die Entwicklung der Beschäftigung und des angebotenen Arbeitszeitvolumens in Österreich kaum mit dem Bedarf schritthalten können.
Inflationsrückgang setzt sich fort, aber langsamer
Nachdem die Inflation zu Beginn des Jahres einen zweistelligen Höchststand erreicht hatte, haben vor allem niedrigere Energie- und Rohstoffpreise einen deutlichen Rückgang ermöglicht, der jedoch gegen Jahresende an Tempo eingebüßt hat. Während der erneute Rückgang des Rohölpreises infolge der Abschwächung der globalen Nachfrage sowie das Nachlassen des Preisauftriebs bei Nahrungsmittelpreisen die Teuerung spürbar dämpfen, sorgen starke Zweitrundeneffekte sowie in manchen Dienstleistungsbranchen eine weiterhin starke Nachfrage für eine verhaltene Verlangsamung der Kerninflation. Da die Teuerung zum Jahresausklang weiterhin über 5 Prozent betragen sollte, wird sich die Inflation in Österreich 2023 nur auf durchschnittlich 7,9 Prozent reduzieren, nach 8,6 Prozent im Vorjahr.
Die Inflation wird damit 2023 deutlich den Jahresdurchschnitt im Euroraum von voraussichtlich 5,5 Prozent übersteigen. Der erwartete Rückgang der Teuerung im Jahr 2024 und 2025 wird in Österreich auch weiterhin langsamer erfolgen als im Euroraum. Dies ist auf stärkere Energiepreisanstiege zurückzuführen, die höhere Folgeeffekte, z. B. durch die indexierten Mieten, ausgelöst haben. „Trotz eines moderaten Anstiegs vieler Dienstleistungspreise durch die spürbaren Lohnerhöhungen erwarten wir eine Verlangsamung der Inflation 2024 auf 3,6 Prozent und im Jahr 2025 auf 2,3 Prozent“, so Pudschedl.
Zinswende steht vor der Tür
Die Straffung der Geldpolitik hat den Höhepunkt erreicht, die geldpolitische Wende kommt in Sicht. „Angesichts der schwachen Konjunktur und des deutlichen Rückgangs der Inflation im Euroraum wird der nächste Schritt der EZB eine Absenkung der Leitzinsen sein. Wir erwarten eine erste Lockerung der Geldpolitik jedoch erst im Juni 2024 und eine vorsichtige Annäherung an das neutrale Zinsniveau. Bis Ende 2024 dürften die Leitzinsen um 75 Basispunkte und 2025 um weitere 100 Basispunkte gesenkt werden, so dass sich der Refinanzierungssatz von aktuell 4,50 Prozent schrittweise auf 2,75 Prozent Ende 2025 verringern wird“, meint Bruckbauer abschließend.
Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at