19.12.2023

UniCredit Bank Austria Volkswirtschaft Bundesländeranalyse 2023 und Aussichten 2024:
2023 mit Wachstumsrückgang in allen Bundesländern – Bundesländer mit hohem Industrieanteil am stärksten betroffen

  • Nach einem starken Wachstum in allen Bundesländern im Vorjahr legte die Wirtschaftsleistung in den Regionen kaum zu bzw. schrumpfte sogar in den meisten
  • Das zweite Jahr in Folge waren die Bundesländer mit Schwerpunkt auf Industrie mit Gegenwind konfrontiert
  • Das Burgenland verzeichnete das stärkste Wachstum 2023, gefolgt von Salzburg und Wien
  • Vorarlberg und die Steiermark mussten den höchsten Rückgang des Regionalprodukts hinnehmen
  • In den meisten Bundesländern gab es 2023 positive Impulse aus dem Tourismus, der Informationstechnologie und aus dem öffentlichen Bereich
  • Die Industrie, die Bauwirtschaft, die Verkehrswirtschaft und der Handel verzeichneten 2023 in den meisten Regionen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung
  • Die Übernachtungen für das Gesamtjahr 2023 erreichten neue Höhen, werden voraussichtlich im Bereich von 154 Millionen Nächtigungen liegen und damit den bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2019 übertreffen
  • Die Bundeshauptstadt Wien erreichte 2023 das stärkste Beschäftigungswachstum
  • Trotz schwierigem Konjunkturumfeld robuster Arbeitsmarkt in den Bundesländern 

Nach einem Anstieg der Wirtschaftsleistung in allen Bundesländern im Jahr 2022 von weit über 3 Prozent, mit zwei Ländern mit sogar fast 10 Prozent Wachstum, gab es heuer eine deutliche Abkühlung der Konjunktur in den Regionen. Wie schon im Jahr davor waren auch 2023 die Industrieregionen von der wirtschaftlichen Entwicklung stärker benachteiligt. Die Sachgüterindustrie und der Bausektor waren am stärksten von den stark steigenden Preisen und der schwachen globalen Nachfrage aufgrund multipler Krisen betroffen. Positive Impulse kamen in den meisten Bundesländern vom Tourismus, vom Immobilienwesen und dem öffentlichen Bereich. 

„Österreichweit rechnen wir für 2023 mit einem BIP-Rückgang von 0,5 Prozent gefolgt von einer moderaten Erholung über den Konsum mit einem Wachstum von 0,3 Prozent 2024“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer, und weiter: „Das schwierige Marktumfeld in den unterschiedlichen Bereichen im Jahr 2023 spiegelte sich dementsprechend auch in der Wirtschaftsentwicklung der einzelnen Bundesländer wider. Die Bundesländer mit einem relativ hohen Dienstleistungsanteil waren gegenüber den industrieorientierten Regionen im Vorteil. Dennoch konnte heuer kein Bundesland ein Wirtschaftswachstum von über 1 Prozent verzeichnen.“

Das Burgenland mit dem stärksten Wachstum, Vorarlberg mit dem größten Rückgang
Mit dem Burgenland und Vorarlberg bilden die beiden kleinsten Bundesländer den Spitzenreiter bzw. den Nachzügler im Bundesländerranking. „Das Burgenland mit 0,4 Prozent gefolgt, von Salzburg und Wien mit jeweils 0,3 Prozent, verzeichneten 2023 mit ihrem relativ hohen Dienstleistungsanteil ein schwach positives Wachstum“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Robert Schwarz und ergänzt: „Alle anderen Bundesländer mussten einen Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung hinnehmen.“ In den Regionen Tirol und Kärnten schrumpfte die Wirtschaft so wie im bundesweiten Durchschnitt um 0,5 Prozent. Dahinter folgen die Länder mit einem hohen Industrieanteil. In Ober- und Niederösterreich ging die Wirtschaftsleistung um 0,7 Prozent bzw. 0,9 Prozent zurück. Das Schlusslicht bilden die Steiermark mit minus 1,3 Prozent und Vorarlberg mit minus 1,8 Prozent. 

Trotz schwacher Konjunktur bundesweit robuster Arbeitsmarkt
Nach einem Rückgang der Arbeitslosenquote in allen Bundesländern in den Jahren 2021 und 2022 erwies sich heuer der Arbeitsmarkt in den Regionen trotz des Wirtschaftseinbruchs sehr konjunkturresilient. „Kein Bundesland verzeichnete im Gesamtjahr 2023 einen starken Anstieg der Arbeitslosenquote“, sagt Schwarz und fügt hinzu: „Tirol und Niederösterreich werden voraussichtlich heuer im Jahresdurchschnitt sogar eine niedrigere Arbeitslosenquote aufweisen als 2022.“ Wie im Vorjahr kann sich Salzburg mit 3,8 Prozent über die niedrigste Arbeitslosenquote freuen. Trotz des stärksten Beschäftigungswachstums aller Bundesländer bleibt Wien mit einer Quote von 10,6 Prozent im Jahresschnitt 2023 die Region mit der höchsten Arbeitslosigkeit. 

Rezession in Industrie und Bau
Nach zwei Jahren mit einem starken Wertschöpfungsplus verzeichnete die Industrie heuer einen kräftigen Rückgang der realen Wirtschaftsleistung im Bereich von 3 Prozent. Den stärksten Einbruch der Industriekonjunktur gab es in Vorarlberg, der Steiermark und Niederösterreich mit einem Minus der Industriewertschöpfung von etwa 5 Prozent. Besser lief es für Salzburg und das Burgenland, die eine Industrierezession mit schrumpfender Wertschöpfung verhindern konnten. In der Bauwirtschaft schaute das Konjunkturbild mit einem Rückgang der Wertschöpfung von voraussichtlich 2 Prozent im heurigen Jahr ähnlich trüb wie im Sachgüterbereich aus. Die westlichen Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg waren von der starken Abkühlung speziell im Wohnungsbau überdurchschnittlich stark betroffen. Relativ robust zeigte sich die Bauwirtschaft in der Steiermark. 

Die schwache Wirtschaftslage spiegelte sich auch in der Außenhandelsstatistik wider. Trotz der stark steigenden Preise dürften die Warenausfuhren im Gesamtjahr 2023 nur leicht auf 197,5 Milliarden Euro steigen. Relative Stärke zeigten die Exporte von Maschinen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wovon vor allem die Länder Oberösterreich bzw. Wien und Tirol profitieren konnten. Einen starken Einbruch gab es hingegen bei den Exporten von Holz und Papier, was speziell die Außenhandelsbilanz von Salzburg, Tirol und Kärnten belastete.

Dienstleistungssektor mit schwachem Plus
Im Gegensatz zur Industrie und Bauwirtschaft gab es 2023 für den österreichischen Dienstleistungssektor ein schwaches Plus bei der geschätzten Wertschöpfung gegenüber 2022. Insgesamt verzeichneten der Tourismus, die Informationstechnologie und der öffentliche Bereich eine solide Zunahme der Wirtschaftsleistung. Hingegen belasteten die schwache Industriekonjunktur und der nachlassende Konsum aufgrund der stark steigenden Preise die Entwicklung in der Transportwirtschaft bzw. im Handel. „Angeführt vom Tourismus war der tertiäre Sektor vor allem in Wien, Salzburg und Tirol die größte Wachstumsstütze, während der Dienstleistungsbereich in Oberösterreich und Kärnten 2023 deutlich schrumpfte“, sagt Schwarz und ergänzt: „Für das Gesamtjahr 2023 rechnen wir mit einem Anstieg der Übernachtungen in Österreich auf einen neuen Rekordwert im Bereich von 154 Millionen Nächtigungen.“ 

Ausblick 2024: Leichte Erholung in allen Bundesländern erwartet 
Für 2024 erwarten die UniCredit Bank Austria Ökonomen den Beginn einer moderaten Erholung in Österreich mit einem leichten BIP-Anstieg in Österreich von 0,3 Prozent basierend auf einen weiteren Rückgang der Inflation. „Aufgrund einer weiterhin robusten Nachfrage im Tourismus und dank steigender Reallöhne höherem Konsum werden auch 2024 die dienstleistungsorientierten Bundesländer wie Wien und Salzburg gegen über den Industriebundesländern wie die Steiermark und Oberösterreich bevorzugt sein“, sagt Schwarz. Nachdem sich der Arbeitsmarkt in den Bundesländern 2023 sehr robust gezeigt hat, rechnen die Ökonomen der UniCredit Bank Austria für 2024 mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote in Österreich auf durchschnittlich 6,7 Prozent nach 6,4 Prozent 2023. Die Arbeitslosigkeit wird voraussichtlich in allen Bundesländern steigen mit einem überdurchschnittlichen Anstieg in den Bundesländern mit hohem Industrieanteil. 

Grafik Regionales reales Wirtschaftswachstum

Grafik Regionale Arbeitslosenquoten

Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis
Robert Schwarz, Tel. +43 (0) 50505 - 41974;
E-Mail: robert.schwarz@unicreditgroup.at