UniCredit Bank Austria Branchenüberblick
Mehrzahl der Branchen in Österreich stehen vor schwachem Start ins Jahr 2024
- Weitere Eintrübung des Klimas quer über fast alle Branchen in der zweiten Jahreshälfte 2023, doch vorsichtige Signale für einsetzende Aufhellung in den kommenden Monaten
- Verbesserte Umsatzerwartungen im Dienstleistungssektor lassen Ende der Rezession der österreichischen Wirtschaft zu Jahresbeginn 2024 erwarten
- Lage im Handel bleibt schwierig, aber steigende Reallohnzuwächse verbessern die Aussichten für die kommenden Monate
- Trotz Stimmungsverbesserung zum Jahresende bleibt die Bauwirtschaft im Krisenmodus: Positive Impulse für 2024 nur in der Hochbausanierung und im Tiefbau erwartet
- Rezession in der Industrie hält an, doch leichte Belebung der Exportnachfrage sollte zu schrittweiser Entspannung in den kommenden Monaten beitragen
Die österreichische Wirtschaft konnte bis zum Jahresende 2023 die Rezession nicht überwinden. Der Rückgang des BIP im zweiten und dritten Quartal setzte sich – wenn auch in abgemilderter Form – im Schlussquartal des Jahres 2023 voraussichtlich fort. Der aktuelle Branchenüberblick der UniCredit Bank Austria zeigt insbesondere für die Industrie eine anhaltende Eintrübung des Branchenklimas seit dem Sommer. In Kombination mit den bereits vorliegenden Wirtschaftsdaten ist für das vierte Quartal von einem erneuten Produktionsrückgang in der heimischen Industrie auszugehen. Auch in der Bauwirtschaft dürfte sich der Rückgang der Produktion bis zum Jahresende fortgesetzt haben und auch vom Handel und aus dem Bereich der Dienstleistungen gingen keine spürbaren Wachstumsimpulse aus. „Angesichts der anhaltenden Rezession hat sich im Gesamtjahr 2023 ein Rückgang des BIP in Österreich um zumindest 0,5 Prozent ergeben, der überdurchschnittlich stark von der Schwäche in der heimischen Industrie verursacht worden ist. Auch die Bauwirtschaft hat das Jahr 2023 insgesamt mit einem Wertschöpfungsverlust abgeschlossen. Ausschließlich der Dienstleistungssektor konnte, trotz starker Einbußen etwa im Handel, insgesamt ein leichtes Wachstum gegenüber 2022 verzeichnen“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Ins neue Jahr 2024 starten die Unternehmen in der Mehrzahl mit pessimistischen Produktions- und Nachfrageerwartungen. „Die jüngsten Ergebnisse der Konjunkturbefragung kündigen für die kommenden Monate weiterhin eine schwache Wirtschaftsentwicklung an. Das Branchenklima war zu Jahresbeginn 2024 in allen Sektoren trüb, insbesondere in der Industrie. Allerdings zeigten sich in der Bauwirtschaft und vor allem im Dienstleistungssektor eine leichte Entspannung hinsichtlich der Auftragslage“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Die Verbesserungstendenz in der Nachfrage deutet darauf hin, dass die Konjunkturschwäche im weiteren Verlauf des Jahres 2024 langsam überwunden werden kann und ab der zweiten Jahreshälfte eine moderate Erholung der österreichischen Wirtschaft in Schwung kommen könnte.“
(Für die Ermittlung des Branchenklima-Indikators werden die Entwicklung der Produktion und Umsätze bis Dezember 2023 den Ergebnissen der Konjunkturbefragung vom Dezember 2023 gegenübergestellt.)
Verbesserte Umsatzerwartungen im Dienstleistungssektor zum Jahreswechsel trotz trübem Branchenklima
In der zweiten Jahreshälfte 2023 hat sich die Abkühlung der Dienstleistungskonjunktur fortgesetzt. Im 3. Quartal 2023 haben die Dienstleistungen (ohne öffentliche und soziale Dienste) nur noch ein nominelles Umsatzplus von 1,8 Prozent zum Vorjahr verbucht und damit real deutlich abgenommen. Ein überdurchschnittliches Ergebnis konnte von den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen getrieben durch starke Zuwächse der Reisebüros sowie in der Beherbergung und Gastronomie verzeichnet werden. Dagegen kam es im Bereich Verkehr und Lagerei zu besonders deutlichen Einbußen. Auch bei den freien Berufen setzte sich die schwache Entwicklung fort. In einigen Bereichen, wie z.B. in der Rechts- und Betriebsberatung erhöhten sich die Umsatzzuwächse zwar leicht, hingegen kam es u.a. in Architektur- und Ingenieursbüros aufgrund der Schwäche in der Bauwirtschaft sogar zu nominellen Umsatzrückgängen.
Gegen Jahresende hat sich eine Stabilisierung der Dienstleistungskonjunktur abgezeichnet. Die Umsatzerwartungen für die kommenden Monate haben sich leicht verbessert, doch das Branchenklima ist weiterhin trüb. Während sich die Nachfrageerwartungen in der Beherbergung verbessert haben und damit für die kommenden Monate eine gute Auslastung erwarten lassen, werden die Umsätze in der Gastronomie noch stärker unter der hohen Inflation leiden, die sich bremsend auf die Kaufkraft auswirkt. Trotz verbesserter Erwartungen im Verkehrsbereich werden beide Branchen 2024 nur langsam einer Nachfrageverbesserung entgegengehen. Der Personentransport (z.B. Luftverkehr) dürfte aber weiter von der guten Tourismusnachfrage profitieren, während der Gütertransport länger auf spürbare Impulse warten müssen wird. Die Schwäche der Industriekonjunktur wird weiterhin die Entwicklung in den wirtschaftsnahen Diensten dämpfen. Die Nachfrageerwartungen haben sich zum Jahresende 2023 hin sowohl bei den meisten freiberuflichen Diensten als auch bei den sonstigen Wirtschaftsdiensten jedoch etwas verbessert und kündigen für die kommenden Monate zumindest eine moderate Belebung der Dienstleistungskonjunktur an. Damit sollte der Dienstleitungssektor entscheidend zum Ende der Rezession der österreichischen Wirtschaft mit Jahresbeginn 2024 beitragen.
Lage im Handel vorerst noch schwierig, aber Reallohnzuwächse verbessern die Aussichten
Im Einzelhandel (ohne KFZ und Tankstellen) sicherten 2023 hohe Preissteigerungen ein nominelles Umsatzplus bis November von durchschnittlich 4,2 Prozent. Preisbereinigt ist der Umsatz allerdings um 3,7 Prozent gesunken. Während einige Branchen zum Teil deutliche Umsatzgewinne verzeichnen konnten, wie z.B. der Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten, mit Kosmetik aber auch mit Bekleidung und Schuhen, blieben im Lebensmitteleinzelhandel die realen Umsatzeinbußen mit unter einem Prozent in einem überschaubaren Rahmen. Hingegen verzeichneten insbesondere die Bereiche Baubedarf und Wohnungsausstattung Einbußen um rund 15 Prozent real. Gegen Ende 2023 hat sich die Stimmung im Handel deutlich verbessert, die Geschäftserwartungen der Einzelhändler liegen jedoch immer noch im pessimistischen Bereich. Damit muss in den kommenden Monaten weiterhin mit einer schwachen Umsatzentwicklung im Handel gerechnet werden. Allerdings sollte sich im weiteren Jahresverlauf aufgrund der sinkenden Inflation und der dadurch ausgelösten Realeinkommensgewinne die Kauffreudigkeit der Konsumenten schrittweise erhöhen, zumal sich die Lage am Arbeitsmarkt weiterhin als recht stabil erweisen sollte.
Der Umsatz im Kfz-Handel (inklusive der Werkstätten) ist bis November 2023, den am aktuellsten vorliegenden Daten, um über 13 Prozent nominell bzw. 5 Prozent real gestiegen, angetrieben von den hohen Zuwächsen bei Pkw-Neuzulassungen. Allerdings hat die Dynamik im KFZ-Handel, die durch Nachholeffekte nach vorherigen Lieferproblemen getrieben war, mittlerweile nachgelassen und die Geschäftserwartungen haben sich Ende 2023 verschlechtert, so dass in den kommenden Monaten eine schrittweise Abschwächung der Dynamik zu erwarten ist. Der Kfz-Handel wird 2024 das Umsatzplus von nominell über 10 Prozent vom Jahr 2023 voraussichtlich kaum erreichen können.
Trotz Stimmungsverbesserung zum Jahresende bleibt die Bauwirtschaft im Krisenmodus
Den Schwung vom Jahresbeginn 2023 hat die Bauwirtschaft im weiteren Jahresverlauf verloren. In allen Bausparten kam es zu einer Konjunkturverlangsamung, die deutlich stärker im Hoch- als im Tiefbau ausgeprägt war. Während sich im Hochbau ein Umsatzminus von rund 5 Prozent im Gesamtjahr 2023 ergeben hat, lagen die Umsätze im Tiefbau nur rund 1 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ein deutliches Plus wiesen 2023 die Baunebengewerbesparten auf, allerdings rutschten hier die Umsätze gegen Jahresende ebenfalls ins Minus.
Die schwache Baukonjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2023 wirkte sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote lag in der Bauwirtschaft Ende des Jahres mit 8,6 Prozent um rund einen halben Prozentpunkt höher als vor einem Jahr. Während die Lage im Tiefbau stabil blieb, ist die Zunahme auf die ungünstige Entwicklung im Hochbau mit einem Anstieg auf fast 10 Prozent sowie in den Nebengewerben zurückzuführen. Mit durchschnittlich 8,5 Prozent lag die Arbeitslosenquote im Baubereich 2023 um fast zwei Prozentpunkte über dem österreichischen Gesamtdurchschnitt von 6,4 Prozent.
Trotz des mittlerweile leichten Aufwärtstrends kündigt die immer noch negative Beurteilung der Auftragslage für die kommenden Monate eine schwierige Konjunkturlage in der Bauwirtschaft an. Die schwache allgemeine Konjunktur, der nur langsame Rückgang der Baupreisdynamik und die hohen Kreditzinsen werden die Nachfrage auch in den kommenden Monaten bremsen. Wachstumsimpulse können 2024 nur im Bereich der Hochbausanierung und im Tiefbau erwartet werden. Beide Sparten profitieren von den Förderungen für Klimaschutzmaßnahmen. In Summe sind die Umsatzaussichten für die Bauwirtschaft nach einem Minus im Jahr 2023 jedoch auch für 2024 sehr verhalten.
Rezession in der Industrie hält vorerst an
Nach zwei Jahren mit starken Zuwächsen hat die österreichische Industrie 2023 einen deutlichen Produktionsrückgang um geschätzte 1,5 Prozent real verzeichnet. Die reale Produktionsleistung lag 2023 dennoch um rund 8 Prozent über dem Vor-Pandemie-Niveau, und erreichte damit die beste Entwicklung aller Wirtschaftssektoren. Seit Mitte 2022 befindet sich die österreichische Industrie jedoch aufgrund der schwächelnden Exportnachfrage sowie sinkender Aufträge aus dem Inland auch als Folge der Probleme in der Bauwirtschaft in einer Rezession, allerdings mit stark unterschiedlichen Branchenergebnissen. Während die Pharmaindustrie, die KFZ-Erzeugung, die Elektroindustrie sowie die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie 2023 zum Teil hohe Produktionszuwächse erzielten, kam es andererseits zu massiven Einbußen unter anderem in der Metallwarenerzeugung, der chemischen Industrie, der Papiererzeugung und in der Holzindustrie. Gegen Ende 2023 verlangsamte sich die Industriekonjunktur weiter. Die Nahrungsmittel- und Getränkeproduktion rutschten ins Minus, ebenso wie die Elektroindustrie. Zudem verstärkten sich die negativen Entwicklungen im Maschinenbau, in der Stahlindustrie, der Glasindustrie und der Metallverarbeitung.
Die unmittelbaren Produktionserwartungen in der Sachgüterindustrie haben sich gegen Ende 2023 etwas eingetrübt, sind jedoch besser als im dritten Quartal. Zudem haben sich die Produktionserwartungen für die kommenden zwölf Monate laut der Umfrage unter den österreichischen Einkaufsmanagern im Dezember deutlich aufgehellt. Der Indikator liegt mit 48,7 Punkten allerdings weiterhin unter der Neutralitätsschwelle von 50 Punkten, sodass für die kommenden Monate von einer Fortsetzung der Rezession in der Industrie ausgegangen werden muss, deren Intensität sich jedoch schrittweise verringern sollte. Den größten Herausforderungen stehen in den kommenden Monaten angesichts besonders trüber Auftragslage und Produktionserwartungen die Stahlindustrie, die Metallwarenerzeugung, der Maschinenbau und die Elektroindustrie gegenüber. Diese Branchen leiden besonders stark unter den Folgen des höheren Zinsniveaus für die europäische Investitionsgüterindustrie sowie der schwachen Nachfrage der Bauwirtschaft. Vergleichsweise günstiger sollte sich die Konjunktur in der KFZ-Industrie und in der Lebensmittel- und Getränkeerzeugung entwickeln.
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UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at