UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator
Zaghafte Erholung setzt sich fort, gestützt auf den Dienstleistungssektor
- Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im April auf minus 2,3 Punkte, den höchsten Wert seit einem Jahr
- Der Pessimismus in der Industrie und am Bau ließ zu Beginn des zweiten Quartals etwas nach. Die Stimmung im Dienstleistungssektor blieb gut, dank der Verbesserung der Konsumentenstimmung
- Die Fortsetzung der zaghaften Erholung sollte für 2024 ein geringes Wirtschaftswachstum um 0,3 Prozent ermöglichen. Weiterhin erwarten wir einen höheren BIP-Anstieg von 1,5 Prozent für 2025 dank einer Belebung der Investitionen und des Konsums
- Nach durchschnittlich 6,8 Prozent sollte das stärkere Wachstum und ein geringerer Anstieg des Arbeitskräfteangebots 2025 einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent ermöglichen
- Das langsame Erholungstempo unterstützt den Rückgang der Inflation auf 3,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 und 2,3 Prozent 2025
- Nach erstmaliger Senkung im Juni wird die EZB einen vorsichtigen Pfad in Richtung neutralem Zinssatz von rund 2 Prozent beschreiten
„Die österreichische Wirtschaft hat dank etwas Rückenwind für den Dienstleistungssektor im ersten Quartal aus der Rezession gefunden, doch das Tempo der Erholung ist angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche in der Industrie und am Bau auch zu Beginn des zweiten Quartals niedrig“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator setzte im April seine langsame Aufwärtsbewegung fort und erreichte den höchsten Wert seit genau einem Jahr. Mit minus 2,3 Punkten lag der Indikator jedoch weiterhin deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt, signalisierte jedoch zumindest eine Fortsetzung des trägen Verbesserungstrends seit dem Jahreswechsel.“ Nach dem schwachen Plus zu Jahresbeginn um 0,2 Prozent zum Vorquartal lassen die aktuellen Vorlaufindikatoren demnach auch für das zweite Quartal ein leichtes Wachstum erwarten. Damit könnte erstmals seit einem Jahr auch die Wirtschaftsleistung im Jahresvergleich wieder etwas zulegen.
Dienstleistungen ziehen die österreichische Wirtschaft nur langsam nach oben
Für die weitere Verbesserung des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im April war hauptsächlich die Aufhellung der Stimmung der heimischen Konsumenten verantwortlich. Die hohen nominellen Lohnsteigerungen und der klare Rückgang der Inflation hoben die Kauflaune, wenn auch der langjährige Durchschnitt weiterhin deutlich unterschritten wurde. Erstmals seit genau zwei Jahren waren die Konsumenten in Österreich jedoch besser gestimmt als im Euroraum insgesamt. Dies übertrug sich auch auf den Dienstleistungssektor, wo die Stimmung im April zwar nicht mehr weiter anstieg, aber im Vergleich zu den anderen Wirtschaftssektoren erneut relativ positiv ausfiel.
Deutlich schlechter als im Euroraum ist weiterhin die Stimmung am Bau und in der Industrie. Bestimmend für den Pessimismus am Bau ist die Auftragsschwäche vor allem im Hochbau aufgrund der gestiegenen Baupreise und der verminderten Leistbarkeit auch durch erschwerte Finanzierungsbedingungen. In der Industrie ist neben der fehlenden Nachfrage vor allem die Sorge über die internationale Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der hohen Kostendynamik der Stimmungsdämpfer. „Während im Dienstleistungssektor, trotz starkem Rückenwind durch die Konsumenten, die Stimmungsverbesserung im April eine Pause einlegte, verbesserten sich die Geschäftseinschätzungen am Bau und in der heimischen Industrie zumindest geringfügig. Für bessere Stimmung sorgte am Bau das staatliche Konjunkturpaket und in der Industrie die Aussicht auf baldige Zinssenkungen“, meint Bruckbauer.
Etwas mehr Schwung ab zweiter Jahreshälfte 2024 erwartet
Die Hoffnung auf eine Fortsetzung bzw. zumindest geringfügige Verstärkung der angelaufenen Konjunkturverbesserung in der zweiten Jahreshälfte ruht weiterhin auf einer Belebung des Konsums, zu dem die relativ stabile Lage am Arbeitsmarkt und vor allem hohe Reallohnzuwächse durch den deutlichen Inflationsrückgang beitragen sollten. Im kommenden Jahr 2025 sollte sich die Wachstumsstützung zum einen durch den Konsum weiter verstärken, da immer mehr Konsument:innen realisieren werden, dass sich ihre Kaufkraft erhöht hat. Zum anderen sollte es zu einer Belebung der Investitionen kommen, ausgelöst von den Zinssenkungen ab Mitte 2024. Da nicht nur im Euroraum eine Lockerung der Geldpolitik ansteht, ist auch mit mehr internationaler Unterstützung für die heimische Wirtschaft zu rechnen.
„Nach dem zurückhaltenden Start ins Jahr 2024 erwarten wir weiterhin nur ein sehr moderates Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, das sich 2025 auf 1,5 Prozent steigern sollte. Damit wird das wirtschaftliche Produktionsniveau in Österreich, gebremst durch die hohen Unsicherheiten in einem schwierigen geopolitischen Umfeld, jedoch weiterhin unter Potenzial bleiben“, erwartet UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Arbeitslosigkeit steigt noch weiter
Angesichts der schwachen Konjunktur bleibt die Lage am heimischen Arbeitsmarkt relativ stabil. In vielen Branchen herrscht sogar weiter ein Arbeitskräftemangel. Über 90.000 offene Stellen waren im April beim AMS gemeldet und mit rund drei Bewerbern auf eine offene Stelle ist die Stellenandrangzahl trotz des Anstiegs in den vergangenen Monaten niedrig. In den kommenden Monaten dürfte sich der leichte Aufwärtstrend der Arbeitslosenquote noch fortsetzen und erst im kommenden Jahr 2025 langsam umkehren.
„Wir gehen weiterhin von einem Anstieg der Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2024 auf 6,8 Prozent aus und bleiben für 2025 optimistisch, dass ein Rückgang auf 6,5 Prozent durch das etwas höhere Wachstum sowie das langsamer steigende Arbeitskräfteangebot möglich sein wird“, so Pudschedl.
Inflation weiter auf dem Rückzug, aber etwas langsamer als zu Jahresbeginn
Zu Beginn des zweiten Quartals hat sich die Teuerung in Österreich weiter verlangsamt und mit 3,5 Prozent im Jahresvergleich den niedrigsten Wert seit zweieinhalb Jahren erreicht. Während der Ölpreis und andere Rohstoffpreise in den kommenden Monaten voraussichtlich nicht mehr die Inflation drücken werden, dürfte in Österreich die Weitergabe der niedrigeren Großhandelspreise für Gas und Strom an die Haushalte die Teuerung über den Sommer mildern. Allerdings werden Zweitrundeneffekte im Dienstleistungsbereich nur langsam auslaufen und die Disinflation bremsen. „Nach dem erwarteten zügigen Disinflationsprozess in den ersten Monaten des Jahres halten wir an unserer Inflationsprognose von 3,6 Prozent 2024 sowie 2,3 Prozent für 2025 weiter fest“, meint Pudschedl.
Nach Juni-Senkung noch ein weiterer Zinsschritt im Sommer erwartet
Im Euroraum war die Teuerung im April mit 2,4 Prozent erneut deutlich niedriger als in Österreich. Im Gegensatz zu Österreich ist der Rückgang der Inflation im Euroraum allerdings zum Stillstand gekommen. Die Kerninflation ging jedoch weiter zurück und zeigte, dass der immanente Inflationsdruck weiter nachgelassen hat. Neben den positiven Entwicklungen bei der Inflation untermauerte auch die nur verhaltene Konjunkturverbesserung im ersten Quartal den Bedarf einer weniger restriktiven Geldpolitik im Euroraum.
„An einer Senkung der Leitzinsen durch die EZB im Juni scheint kein Weg mehr vorbeizuführen. Im Juli könnte noch ein weiterer Schritt folgen. In weiterer Folge wird die EZB jedoch datenbasiert mit großer Vorsicht agieren. Da sich sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation ab der zweiten Jahreshälfte 2024 um das EZB-Ziel von 2 Prozent bewegen sollten, dürften sich die Leitzinsen allmählich wieder einem neutralen Niveau nähern, das unserer Einschätzung nach bei etwa 2 Prozent für den Einlagezinssatz liegt und voraussichtlich Anfang 2026 erreicht werden dürfte“, meint Bruckbauer.
Rückfragen:
UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at