05.03.2025

UniCredit Bank Austria Branchenüberblick
Wenige Lichtblicke in einem herausfordernden Branchenklima zu Jahresbeginn

  • Unverändert schwierige Geschäftslage und trübe Stimmung in den meisten Branchen in Österreich 
  • Österreichs Industrie im dritten Rezessionsjahr: Hoffnung auf Konjunkturbelebung erst später im Jahr 2025 zu erwarten
  • Die Bauwirtschaft dürfte den Tiefpunkt überwunden haben, aber Aussichten bleiben bescheiden
  • Leichter Rückenwind für den Dienstleistungssektor, doch deutliche Branchenunterschiede zeichnen sich ab 
  • Fortsetzung der positiven Handelsentwicklung von Ende 2024 in den kommenden Monaten dank weiterem Anstieg der Kaufkraft der Konsumenten, trotz etwas Gegenwind des Arbeitsmarktes

Die rückläufige Wirtschaftsentwicklung setzte sich in Österreich bis zum Jahresende 2024 fort. Im Konsum und bei den Investitionen machten sich die verbesserten Rahmenbedingungen durch die niedrige Inflation und die Lockerung der Geldpolitik jedoch positiv bemerkbar. Allerdings dämpfte der Außenhandel angesichts deutlich sinkender Exporte die Konjunktur. Trotz der leichten Aufwärtsbewegung der Inlandsnachfrage hielt damit im Schlussquartal 2024 die konjunkturelle Schwäche an, die durch einen erneuten starken Rückgang der Wertschöpfung in der Industrie gekennzeichnet war. Während die Bauwirtschaft nur leicht sank, entwickelten sich vor allem konsumnahe Dienstleistungsbranchen wie z.B. der Handel und der Tourismus positiv. 

„Nach dem Rückgang des BIP um 1,0 Prozent im Jahr 2023 kam es angesichts der schwachen Entwicklung in den Produktionsbereichen im Gesamtjahr 2024 zu Einbußen in der österreichischen Wirtschaftsleistung von durchschnittlich 1,2 Prozent. Ausschließlich der Dienstleistungssektor konnte bei sehr unterschiedlichen Branchenentwicklungen mit einem leichten Plus zu einer Begrenzung des BIP-Rückgangs beitragen“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.

Ins Jahr 2025 starten die heimischen Unternehmen in der Mehrzahl mit pessimistischen Produktions- und Nachfrageerwartungen. „Die aktuellen Umfragewerte kündigen für die kommenden Monate weiterhin eine sehr verhaltene Wirtschaftsentwicklung mit nur zaghaften positiven Signalen an. Das Branchenklima ist auch nach dem Jahreswechsel in fast allen Sektoren trüb oder abkühlend, insbesondere in der Industrie. Am Bau scheint jedoch mittlerweile der Tiefpunkt überwunden und im Dienstleistungssektor ist die Lage bereits günstiger geworden und tendiert schrittweise in Richtung aufklarend“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Angesichts der weiterhin pessimistischen Produktions- bzw. Geschäftserwartungen ist für die kommenden Monate generell von einer Fortsetzung der schwachen Konjunkturentwicklung auszugehen. In der Industrie ist bis auf Weiteres ein Anhalten der Rezession zu erwarten. Dieser könnte die Bauwirtschaft spätestens in der zweiten Jahreshälfte entkommen. Licht am Ende des Tunnels sollte jedoch vor allem aus der Richtung der Dienstleistungen und des Handels kommen, unterstützt durch die Lockerung der Geldpolitik und reale Kaufkraftzuwächse dank der niedrigeren Inflation. Der Dienstleistungssektor sollte demnach die bestimmende Säule für eine moderate Erholung im Verlauf des Jahres 2025 werden und ganz wesentlich dazu beitragen, dass die österreichische Wirtschaft 2025 zumindest ein leichtes BIP-Wachstum erreichen kann.“ 


Für die Ermittlung des Branchenklima-Indikators werden die Entwicklung der Produktion und Umsätze bis zum 4. Quartal 2024 den Ergebnissen der Konjunkturbefragung bis Februar 2025 gegenübergestellt.

Industrie weiter in der Rezession gefangen 
In der Industrie sank die reale Produktion im Jahresdurchschnitt 2024 um 4,7 Prozent (Önace: Herstellung von Waren). Dieser hohe Rückgang war vor allem einigen stark von der internationalen Investitionsgüterkonjunktur abhängigen Branchen geschuldet. Zu massiven Produktionseinschränkungen kam es unter anderem in der Metallverarbeitung und im Maschinenbau sowie in der KFZ-Industrie. Den stärksten Einbruch musste die Textil- und Bekleidungsindustrie verzeichnen. Nur einige wenige Branchen konnten 2024 ihre reale Produktionsleistung erhöhen. Dazu zählen konsumnahe Bereiche, wie die Nahrungsmittelerzeugung sowie die Pharmaindustrie. In den meisten Industriebranchen verschlechterte sich die Geschäftslage gegen Jahresende. Besonders stark unter Druck sind die Metallwarenerzeugung und der Maschinenbau, während vorsichtig positive Signale nur in der Kunststofferzeugung sowie im Fahrzeugbau spürbar waren. 

„Neben der anhaltenden globalen Investitionszurückhaltung und der Probleme wichtiger Absatzmärkte belasten auch die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit sowie der steigende Protektionismus im globalen Handel die Aussichten für die heimische Industrie. Daher sind die Stimmung im Sektor sowie die Produktionserwartungen für die kommenden Monate trotz einer leichten Verbesserung seit dem Jahresbeginn weiterhin klar im pessimistischen Bereich“, meint Pudschedl und ergänzt: „Zumindest für das erste Halbjahr muss von einer Fortsetzung der Rezession in der Industrie ausgegangen werden, mit Chancen auf eine Belebung erst im späten Jahresverlauf 2025. Die Produktionserwartungen auf Jahressicht im Rahmen der Umfrage unter Österreichs Einkaufsmanagern lagen im Februar wieder deutlich im Bereich, der auf Wachstum hoffen lässt.“ 

Tiefpunkt am Bau scheint überwunden
Nach der Stagnation der Bauproduktion im Jahr 2023 kam es im Jahresdurchschnitt 2024 zu einem Rückgang um 2,6 Prozent (real, arbeitstägig bereinigt). Mit über 10 Prozent war der Einbruch am Hochbau mit Abstand am stärksten. Trotz der Rezession im Sektor verschlechtert sich die Lage am Arbeitsmarkt relativ wenig. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug zu Jahresbeginn 9,3 Prozent, nur zwei Zehntelprozentpunkte höher als vor einem Jahr. Über 20 Prozent der Unternehmer gaben zu Jahresbeginn 2025 an, dass der Arbeitskräftemangel das größte Produktionshindernis sei. Für über 30 Prozent der Unternehmer war es jedoch der Mangel an Aufträgen. 

„Die Auftragslage hat sich zu Jahresbeginn 2025 in allen Teilsektoren gegenüber dem Jahresende 2024 noch verschlechtert, was der besonders ungünstigen Entwicklung im Hochbau geschuldet ist. Angesichts der Beurteilung der Auftragslage seitens der Unternehmer scheint der konjunkturelle Tiefpunkt am Bau zwar überwunden, allerdings ist auch voererst kaum Wachstum in Sicht. Dabei sind die diesbezüglichen Aussichten im Tiefbau in den kommenden Monaten trotz knapper öffentlicher Budgets günstiger als im Hochbau, wenn auch mittlerweile durchaus Licht am Ende des Tunnels erkennbar wird, selbst im Wohnungsbau“, so Pudschedl. 

Der Rückgang an baubewilligten Wohnungen ist in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu Ende gegangen. Die Dynamik der Baukosten hat sich stabilisiert und die Aufwärtsentwicklung der Baupreise ist deutlich niedriger, was jedoch auf die Ertragslage der Bauunternehmen drückt. Die Leistbarkeit von Immobilien hat sich angesichts stark steigender Löhne und zumindest geringfügig gesunkener Immobilienpreise etwas erhöht. Zudem sollte das Auslaufen der sogenannten KIM-Verordnung Mitte 2025 mehr Flexibilität bei Finanzierungen bringen, die sich durch die Lockerung der Geldpolitik durch die EZB bereits vergünstigt haben. Der Abbau diverser Fördermaßnahmen aus budgetären Gründen könnte jedoch den Ausbaugewerben in den kommenden Monaten zusetzen. 

Dienstleistungskonjunktur leicht verbessert und Aussicht auf mehr
Gegen Ende 2024 hat der Dienstleistungssektor etwas Schwung aufgenommen und war damit erneut der einzige Wachstumsträger der Gesamtwirtschaft. Die Entwicklung in den einzelnen Bereichen verlief jedoch weiter sehr uneinheitlich. Wachstumsimpulse kamen vor allem vom Handel und den Freizeitdienstleistungen sowie den Finanz- und Versicherungsleistungen. Dagegen kam es weiterhin im Grundstücks- und Wohnungswesen, den Informations- und Kommunikationsdienstleistungen sowie den Verkehrsdienstleistungen (ausgenommen Flugverkehr) zu realen Einbußen. Auch im Beherbergungs- und Gaststättenwesen gingen trotz guter Auslastung und Rekordnächtigungszahlen die realen Umsätze bedingt durch eine Ausgabenzurückhaltung der Gäste zurück, stärker in der Gastronomie als in der Beherbergung. 

Der Rückgang der Inflation unterstützt weiterhin eine Stärkung der Kaufkraft, und eine schrittweise Auflösung der hohen Verunsicherung der Konsumenten sollte in den kommenden Monaten den Anstieg der Sparquote umkehren, was sich positiv auf die Entwicklung in vielen Teilen des Dienstleistungssektors auswirken sollte. 

„Das Branchenklima hat sich nach einem sehr durchwachsenen Sommer in der zweiten Jahreshälfte 2024 spürbar verbessert und dieser positive Trend setzte sich zu Beginn 2025 fort. Auch die Geschäftserwartungen liegen zumindest leicht im im positiven Bereich“, meint Pudschedl und ergänzt: „Der Dienstleistungssektor sollte weiter auf Wachstumskurs bleiben und die Dynamik dürfte in den kommenden Monaten schrittweise sogar etwas zulegen. Die Stimmung im Sektor und auch die Nachfrageerwartungen für die nächsten drei Monate liegen jedoch weiter unter dem langjährigen Durchschnitt, was den Aufwind schwach halten dürfte.“

Handel profitiert von langsam nachlassender Kaufzurückhaltung 
Die gestiegene Kaufkraft der Konsumenten schlug sich gegen Ende 2024 positiv in der Entwicklung der Einzelhandelsumsätze nieder. Im Jahresdurchschnitt 2024 konnte nach dem realen Rückgang um 3,5 Prozent 2023 sogar ein leichtes Umsatzplus von 0,9 Prozent erreicht werden. Während der Lebensmittelhandel und der Handel mit Haushaltselektronik ein solides Wachstum zeigten, kam es insbesondere bei Sportartikeln, Textilien und Haushaltsgeräten zu klaren Umsatzrückgängen. Die Geschäftserwartungen haben sich zu Jahresbeginn 2025 wieder etwas verbessert. Die hohen Reallohnzuwächse der Konsumenten sollten jedoch eine schrittweise Verbesserung der Lage im Handel ermöglichen und die schrittweise Auflösung der hohen Sparneigung lässt in den kommenden Monaten auch für den Nicht-Lebensmittelbereich Umsatzzuwächse erwarten. 

Im Kfz-Handel (inkl. Werkstätten) nahm die Umsatzdynamik im Jahresverlauf 2024 deutlich ab. Im Durchschnitt stiegen die nominellen Umsätze um rund 2 Prozent, deutlich stärker von den Umsätzen in den Werkstätten als vom KFZ-Handel selbst getragen. Nach dem Jahresbeginn 2025 haben sich die Geschäftserwartungen der Branche wieder einzutrüben begonnen. Trotz der Verunsicherung der Konsumenten in Bezug auf E-Mobilität hat seit dem Herbst das Neuwagengeschäft merklich angezogen. Trotz der zurückhaltenden Geschäftserwartungen ist basierend auf der Markteinführung neuer Fahrzeugmodelle, der günstigeren Rahmenbedingungen durch niedrigere Zinsen und hohe Lohnsteigerungen der Verbraucher:innen in den kommenden Monaten mit einer Belebung im KFZ-Handel zu rechnen. 


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UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Walter Pudschedl, Tel.: +43 (0) 5 05 05-41957;
E-Mail: walter.pudschedl@unicreditgroup.at