UniCredit Bank Austria Analyse:
Starkes Comeback des Tourismus, preisbereinigte Einnahmen aber deutlich niedriger als 2019
- Die Anzahl der Übernachtungen in Österreich erreichte 2023 mit 151,2 Millionen fast das Rekordniveau von vor der Pandemie
- Die nominellen Tourismuseinnahmen lagen 2023 mit 30,8 Milliarden Euro sogar um 12,6 Prozent über dem bisherigen Höchststand aus 2019
- Aufgrund der hohen Preissteigerungen unterschritten die realen Tourismuseinnahmen 2023 das Vorpandemieniveau um 13,5 Prozent
- Nur in Wien übertrafen die realen Tourismuseinnahmen 2023 die Einnahmen aus 2019, während in Tirol der preisbereinigte Rückgang am stärksten war
- Die durchschnittlichen Ausgaben der Touristen pro Übernachtung überschritten 2023 erstmals 200 Euro
„Der österreichische Tourismus hat sich nach der Pandemie wieder sehr schnell erholt und 2022 und 2023 ein sehr beachtliches Comeback hingelegt. Während die Anzahl der Übernachtungen 2023 beinahe das Rekordniveau von 2019 erreichte, überstiegen die Einnahmen aus dem Tourismus das Ergebnis aus 2019 sehr deutlich“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Angesichts der starken Preissteigerungen lagen die preisbereinigten Einnahmen aus dem Tourismus jedoch um 13,5 Prozent unter dem Niveau von 2019. Im Vorjahr kamen demnach fast gleich viele Touristen wie vor der Pandemie nach Österreich und gaben auch deutlich mehr aus. Allerdings konnten sie dafür real deutlich weniger Dienstleistungen in Anspruch nehmen bzw. der heimischen Tourismuswirtschaft blieb trotz Rekordeinnahmen unterm Strich real weniger übrig als vor der Pandemie.“
Anzahl der Übernachtungen 2023 fast auf Allzeithoch aus 2019
Nach dem pandemiebedingten Einbruch setzte der Tourismussektor in Österreich zu einem starken Comeback an. Dem Anstieg der Übernachtungen um über 70 Prozent 2022 folgte im Jahr 2023 ein weiterer zweistelliger Zuwachs. Die Anzahl der Übernachtungen legte auf 151,2 Millionen zu, nur 1,5 Millionen bzw. 1 Prozent unter dem absoluten Rekordwert des Jahres 2019. Während der Rückstand gegenüber dem Rekord aus 2019 vor allem in Niederösterreich (-4,4 Prozent) als auch in Tirol (-3 Prozent) überdurchschnittlich groß war, konnte die Mehrzahl der heimischen Bundesländer 2023 neue Übernachtungsrekorde aufstellen. In der Steiermark lag die Anzahl der Übernachtungen 2023 mit 1,37 Millionen um 3,3 Prozent besonders deutlich über dem Wert aus 2019.
Neuer Rekord bei Tourismuseinnahmen
„Ein neuer Rekordwert konnte 2023 bei den nominellen Einnahmen aus dem Tourismus vermeldet werden. Mit 30,8 Milliarden Euro wurden in Österreich um fast 3,5 Milliarden Euro bzw. 12,5 Prozent mehr Einnahmen erzielt als 2019, dem Jahr mit dem bisherigen Höchstwert. Nach unserer Schätzung wurden 2023 in allen Bundesländern höhere Tourismuseinnahmen als im bisherigen Rekordjahr 2019 erzielt“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Das Ergebnis war stark abhängig von der jeweiligen Gästestruktur im Bundesland. Die höchsten Tourismuseinnahmen wies Tirol mit geschätzten 9,4 Milliarden Euro bzw. einem Anteil von über 30 Prozent am österreichischen Gesamtwert auf. Damit lagen die Einnahmen aus dem Tourismus in Tirol zwar um rund 500 Millionen Euro über dem Vergleichswert aus 2019, der Anstieg um 5,5 Prozent war jedoch der geringste aller Bundesländer. In der Bundeshauptstadt Wien führte die wiedererlangte Attraktivität des Städtetourismus zum höchsten Einnahmenplus gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2019 von über 30 Prozent. Ein überdurchschnittlich starker Zuwachs gegenüber 2019 wurde auch in der Steiermark mit fast 19 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro und in Oberösterreich mit einem Anstieg um über 15 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro erreicht.
Preisbereinigt waren die Tourismuseinnahmen allerdings geringer als 2019
Der Anstieg der Gesamteinnahmen relativiert sich jedoch angesichts der hohen Inflation im touristischen Bereich. Preisbereinigt lagen die Einnahmen 2023 um 13,5 Prozent unter dem Wert aus 2019, da in der Produktgruppe Beherbergung und Restaurants in Österreich die Preise in diesem Zeitraum um 30,1 Prozent stiegen, was deutlich mehr ist als die allgemeine Inflation von 22 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr konnten die realen Einnahmen 2023 aus dem Tourismus immerhin um 4,5 Prozent zulegen, bei einem Zuwachs der nominellen Einnahmen um rund 17 Prozent und einem Preisanstieg der touristischen Dienstleistungen um 12,2 Prozent.
„Durch die hohen Preissteigerungen stand hinter den Rekordausgaben der Touristen im Jahr 2023 jedoch ein geringerer realer Gegenwert. In den einzelnen Bundesländern reichte ausschließlich in Wien der nominelle Anstieg der Tourismuseinnahmen gegenüber 2019 aus, um real keine Einbußen verzeichnen zu müssen. In allen anderen Bundesländern kam es zu starken realen Einnahmenrückgängen gegenüber der Vorpandemiezeit. Besonders stark fielen die Rückgänge in Tirol mit 19 Prozent sowie in Salzburg mit 15 Prozent aus“, meint Pudschedl.
Deutliche Verschiebungen bei den täglichen Ausgaben
„Da die Gesamteinnahmen aus dem Tourismus seit 2019 um 12,5 Prozent gestiegen sind, während die Anzahl der Übernachtungen 2023 noch um rund 1 Prozent unter dem Rekordjahr lag, ergab sich ein deutlicher Anstieg der Einnahmen pro Übernachtung auf durchschnittlich 204 Euro. Touristen aus dem Inland waren dabei etwas sparsamer als ausländische Gäste“, so Pudschedl. Die Ausgaben der Touristen aus dem Ausland pro Übernachtung nahmen um über 14 Prozent auf durchschnittlich 207 Euro zu. Die Ausgaben pro Übernachtung von inländischen Touristen stiegen um 12,4 Prozent gegenüber 2019 auf 194 Euro.
Unter Berücksichtigung der Inflation in diesem Zeitraum ergab sich ein deutlicher Rückgang der täglichen realen Ausgaben der Touristen in Österreich. „Die nominellen Ausgaben von Touristen aus allen Herkunftsländern von durchschnittlich 204 Euro pro Übernachtung im Jahr 2023 entsprachen preisbereinigt nur 157 Euro des Jahres 2019. Damit lagen die realen Ausgaben pro Übernachtung um 12,6 Prozent unter dem Rekordergebnis aus 2019, was jedoch nicht Touristen aus allen Herkunftsländern betraf“, meint Pudschedl.
Besonders stark war der Rückgang der Tourismuseinnahmen von Gästen aus China (minus 21,7 Prozent) und aus der Türkei (minus 26 Prozent). Aber auch die Gäste aus Deutschland, die mit 57,4 Millionen und einem Plus von 750.000 gegenüber 2019 für die meisten Übernachtungen in Österreich verantwortlich zeichneten, gaben real deutlich weniger in Österreich aus als 2019. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Übernachtung sanken von 163 Euro im Jahr 2019 auf nur noch 140 Euro (zu Preisen von 2019) im Jahr 2023.
Aus Deutschland kamen somit 2023 viel mehr Touristen nach Österreich, die im Durchschnitt auch höhere Ausgaben pro Übernachtung tätigten, die aufgrund der Teuerung jedoch real weniger Gegenwert hatten. Diese Entwicklung dürfte auf den Trend zu günstigeren Quartieren zurückzuführen sein. Um nach der Pandemie trotz geringerer Kaufkraft einen Urlaub genießen zu können, wurde eine Qualitätseinbuße bei der Unterbringung offenbar hingenommen.
Während dieses Verhalten für alle Gäste aus West- und Südeuropa der Regelfall zu sein schien, zeigten sich vor allem Gäste aus Osteuropa in Ausgabelaune. Zum Beispiel steigerten die Touristen aus Rumänien, Polen und Kroatien ihre täglichen Ausgaben auch real gegenüber 2019. Diese Entwicklung könnte in Zusammenhang mit der wieder uneingeschränkt bestehenden Möglichkeit von grenzüberschreitenden Einkaufsfahrten stehen, zum Teil ohne zu übernachten.
Weiter Informationen unter: Comeback des Tourismus – Wie Phönix aus der Asche?, UniCredit Bank Austria, Mai 2024
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